Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Urteil vom 22. 7. 2021 (
ZRI 2021, 775) entschieden, dass die Ausschüttung eines zunächst als Gewinnvortrag thesaurierten Jahresüberschusses an den Alleingesellschafter einer GmbH als eine einem Darlehen wirtschaftlich entsprechende Rechtshandlung gem. § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar sein kann. Damit hat der BGH erstmals zu der seit dem MoMiG umstrittenen Frage nach der Anwendbarkeit des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO auf sogenannte Eigenkapitalausschüttungen Stellung bezogen. Für die Praxis ist mit der Entscheidung zunächst eine wichtige Frage beantwortet. Gleichzeitig wirft das Urteil aber eine Reihe spannender Folgefragen auf. Das betrifft etwa die Übertragbarkeit der Entscheidung in sachlicher Hinsicht auf unterjährige Gewinnentnahmen sowie auf „echte“ Einlagenrückzahlungen (wie die Befriedigung von Abfindungsansprüchen) und in persönlicher Hinsicht auf einen Minderheitsgesellschafter. Auch für das Verständnis des in diesem Zusammenhang noch ungeklärten Verhältnisses von Gesellschafterdarlehens- und Kapitalerhaltungsrecht ist die Entscheidung von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Ziel des nachfolgenden Beitrags ist es daher, neben einer Würdigung der Entscheidung diese Folgefragen zu adressieren und die Reichweite der Entscheidung sowie ihre Auswirkungen auf die Praxis in den Blick zu nehmen.