ZRI 2024, 841

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln 2699-0490 Zeitschrift für Restrukturierung und Insolvenz ZRI 2024 AufsätzeGerrit Hölzle*

Massesicherung als Telos des § 15b InsO – kein Raum für eine Gesamtbetrachtung

Wenige durch das SanInsFoG reformierte Vorschriften erfahren derzeit so viel Aufmerksamkeit, wie der an die Stelle insbesondere des § 64 GmbHG getretene § 15b InsO. Dies zu Recht, können doch die Haftungsfolgen für Geschäftsleiter sehr schnell ein existenzbedrohendes Ausmaß annehmen. Angesichts der hohen Komplexität der Feststellung von Insolvenzgründen und der im praktischen Befund noch nicht durchgängig verbreiteten Erfüllung der ebenfalls durch das SanInsFoG normierten, wenn auch nicht neuen Selbstbeobachtungspflicht des § 1 Abs. 1 Satz 1 StaRUG kann auch die praktische Bedeutung der Haftungsandrohung des § 15b InsO nicht überschätzt werden. Dies belegen die zahlreichen Entscheidungen zu der Vorgängernorm des § 64 GmbHG eindrucksvoll. Unzweifelhaft hat der Gesetzgeber mit der Neufassung der Sorgfaltsausnahmen in § 15b Abs. 2, 3 InsO die bisherige Rechtsprechung zur „Notgeschäftsführung“ obsolet machen und den lege artis handelnden Geschäftsleiter privilegieren wollen. Der die Antragspflicht des § 15a InsO missachtende Geschäftsleiter hingegen soll im Grundsatz keine Privilegierung mehr in Anspruch nehmen dürfen, auch nicht für solche Geschäfte, die vormals unter die Notgeschäftsführung zu subsumieren waren. Neben dieser verhältnismäßig klaren und begrüßenswerten Neuausrichtung des Gesetzes könnte die Unklarheit über die Bestimmung der Rechtsfolgen pflichtwidriger Zahlungen aber größer nicht sein. Mit § 15b Abs. 4 Satz 2 InsO beschränkt der Gesetzgeber die Haftung des Geschäftsleiters auf den durch die (sorgfaltspflichtwidrig) ausgeführten Zahlungen verursachten Schaden der Gläubigergesamtheit. Daraus wird – schon sprachlich inkonsistent, weil das Gesetz mit der Gläubigergesamtheit die Begünstigten der Haftung adressiert und nicht die für die Schadensberechnung maßgebliche Vermögensmasse bestimmt – abgeleitet, es sei ein gesamtheitlicher Vermögensvergleich zwischen den Zeitpunkten des Eintritts und der Beendigung der Insolvenzantragspflicht vorzunehmen, wobei die Konzepte zur konkreten Schadensberechnung freilich variieren. Dass ihre Vertreter diese Auffassung von der Notwendigkeit einer Gesamtbetrachtung als „herrschend“ bezeichnen, vermag ihr allerdings nicht zu dogmatischer Richtigkeit zu verhelfen. Mit dem § 15b InsO zugrunde liegenden Haftungskonzept und auch schadensrechtlicher Dogmatik jedenfalls ist eine Gesamtbetrachtung nicht vereinbar.
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Prof. Dr. habil., Rechtsanwalt, Fachanwalt für Sanierungs- und Insolvenzrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Steuerrecht, Partner GÖRG Rechtsanwälte, Bremen/Hannover/Hamburg, Honorarprofessor an der Universität Bremen.

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