ZRI 2023, 928

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln 2699-0490 Zeitschrift für Restrukturierung und Insolvenz ZRI 2023 Report 

Amtsgericht München: Leitlinien und Qualitätsstandards zur Zusammenarbeit mit dem Insolvenz- und Restrukturierungsgericht München

Mit den folgenden Leitlinien möchte das AG München die Zusammenarbeit mit den Insolvenzverwaltern strukturieren und durch gemeinsame Qualitätsstandards bzw. Leitlinien verbessern. Diese fassen nicht nur die bisher einzeln ausgegebenen Hinweise der Tabellenkanzlei und die Informationen hinsichtlich der Veröffentlichung der Verteilungstexte betreffend § 188 InsO zusammen, sondern geben auch in der Regel verbindliche Standards zur Fallbearbeitung vor. Bei Fragen und individuell notwendigen Abweichungen, insbesondere zur Tabellenführung, verbleibt die Entscheidung über einzelne Punkte weiterhin bei dem jeweiligen Sachbearbeiter.

I. Tabellenführung

Das Amtsgericht München verfügt über eine gesonderte Tabellenkanzlei. Es wird daher gebeten, Tabellenunterlagen stets getrennt von anderen Unterlagen einzureichen und mit dem Hinweis „Tabellenkanzlei“ zu versehen.
1. Tabellenblätter werden ohne Farbdruck im Hochformat erstellt und nur einfach eingereicht. Die Tabellenblätter und Forderungsanmeldungen sind – jeweils getrennt voneinander – nummerisch zu ordnen. Die erste Seite der entsprechenden Forderungsanmeldung sollte jeweils in der oberen rechten Ecke mit der entsprechenden Tabellenblattnummer versehen werden. Es wird gebeten, die einzelnen Forderungsanmeldungen geheftet und nicht lediglich mit Büroklammern verbunden einzureichen. Bei Tabellenblättern ist hingegen generell auf eine Heftung zu verzichten.
2. Bei der Angabe des Gläubigers ist auf die korrekte, titelfähige Bezeichnung und ggf. Vertretungsbezeichnung zu achten. Die namentliche Nennung eines gesetzlichen Vertreters ist nicht erforderlich. Der Schuldner ist mit Anschrift und Geburtsdatum im Tabellenblatt anzugeben. Bei juristischen Personen sind das Registergericht und die Registernummer anzugeben.
3. Die Forderungsbezeichnungen sollten gewissen Bestimmtheitsgrundsätzen genügen. Bspw. sind Steuerarten und Fälligkeitszeiträume anzugeben, ebenso die Zeiträume von Sozialabgaben. Aufgrund datenschutzrechtlicher Aspekte sollten jedoch Arbeitnehmer nur in der Anmeldung und nicht auf dem Tabellenblatt namentlich bezeichnet werden.
4. Beim Vordruck der Prüfungsvermerke für den schriftlichen Prüfungstermin bedarf es nur des Passus „im schriftlichen Verfahren geprüft am“ (ohne Vordruck eines Datums und ohne Rechtspflegernamen). Findet die Forderungsprüfung im mündlichen Verfahren statt, kann Abweichendes mit dem Gericht vereinbart werden.
5. Anmeldeunterlagen sind aus Platzgründen grundsätzlich nicht in vollständigem Umfang, sondern nur unter Beifügung des Anmeldeformulars und ggf. der konkret anspruchsbegründenden Nachweise niederzulegen. Originaltitel sind nicht einzureichen.
6. Für jede Tabelleneinreichung (auch bei Nachmeldern) wird um ein gesondertes Anschreiben gebeten, welches im Falle einer natürlichen Person wie folgt aussehen könnte:
„Im vorgenannten Insolvenzverfahren übergebe ich anliegend
  • die Insolvenztabelle
  • die Tabellenblätter nebst Prüfungsvermerk (lfd. Nr. 1 – …) sowie
  • die entsprechenden Forderungsanmeldungen.
a) Forderungsanmeldungen aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung, vorsätzlich pflichtwidriger Unterhaltspflichtverletzung oder Steuerstraftat nach §§ 370, 373 oder 374 AO liegen nicht vor.
Alternativ:
b) Forderungsanmeldungen aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung/vorsätzlich pflichtwidriger Unterhaltspflichtverletzung/Steuerstraftat nach §§ 370, 373 oder 374 AO wurden von folgenden Gläubigern beansprucht:
[Auflistung der jeweiligen Gläubiger unter Angabe der Tabellennummer]“
7. Zu Forderungen mit Deliktsattributen (§§ 174 Abs. 2, 302 Nr. 1 InsO):
a) Im Anschreiben zur Tabelleneinreichung sind grundsätzlich sämtliche Forderungen einzeln aufzuführen, bei denen ein Gläubiger bei der Anmeldung angegeben hat, dass es sich um eine von der Restschuldbefreiung ausgenommene Forderung handelt. Fehlanzeige ist ebenso erforderlich. Nur so kann eine rechtzeitige Belehrung des Schuldners durch das Gericht sichergestellt werden (vgl. hierzu Muster unter 6.).
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b) Die Anmeldungen inkl. Tatsachenvortrag und Ergänzungen hierzu sind dreifach (1x für die Insolvenzakte, 2x zur Belehrung des Schuldners/Schuldnervertreters) einzureichen.
c) Im Tabellenblatt ist ein Vermerk zur Prüfung der qualifizierten Anmeldung unter Angabe des jeweiligen konkreten Attributes vorzufertigen.
d) Das Attribut sollte nach Anmeldung auch dann in das Tabellenblatt aufgenommen werden, wenn der erforderliche Tatsachenvortrag offensichtlich unzureichend ist bzw. der Titel noch fehlt. In diesen Fällen sollte allerdings der Gläubiger im Rahmen der Vorprüfung auf den Mangel hingewiesen werden.
e) In Verfahren, in denen die Restschuldbefreiung nicht angekündigt wurde (z. B. juristische Personen, ausschließlich Fremdantrag), wird gebeten, das Attribut grundsätzlich nicht in das Tabellenblatt aufzunehmen und der Forderungsanmeldung das Zurückweisungsschreiben an den Gläubiger beizufügen. Ein entsprechender Hinweis (z. B. das Attribut der unerlaubten Handlung wurde mangels Ankündigung der Restschuldbefreiung nicht in die Tabelle aufgenommen) ist sowohl im Tabellenblatt unter Bemerkungen als auch im Anschreiben an das Gericht aufzunehmen.
f) Nachträglich angemeldete Attributsforderungen sollten bitte unmittelbar nach Erhalt zur Bestimmung eines besonderen Prüfungstermins an das Gericht weitergeleitet werden.
8. Der Vordruck des Bestreitens einer Anmeldung im Tabellenblatt stellt für sich genommen keine zulässige Prozesshandlung dar. Zusätzlich notwendig bei der Prüfung im schriftlichen Verfahren ist eine gesonderte (nicht lediglich im Anschreiben zur Tabellenniederlegung enthaltene) Widerspruchserklärung zur Akte. Auf die Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs für rechtsanwaltliche Verwalter/-innen (§ 130d ZPO) bei Prozesshandlungen wird vorsorglich hingewiesen, vgl. auch BGH v. 24. 11. 2022, IX ZB 11/22, ZRI 2023, 59.
Beispielsformulierung:
„Für den Fall bereits erfolgter oder künftiger Anordnung des schriftlichen Verfahrens gilt Folgendes: Die in den in diesem Verfahren übermittelten Tabellenauszügen enthaltenen Prüfungsvermerke sollen im schriftlichen Verfahren die ansonsten in Prüfungsterminen abzugebenden Erklärungen (z. B. Widersprüche) des Unterzeichners zur Begründetheit der jeweils angemeldeten Forderung darstellen, es sei denn, es geht bis zum maßgeblichen Prüfungszeitpunkt eine anders lautende Mitteilung des Unterzeichners/der Unterzeichnerin beim Insolvenzgericht ein.“
Eine zusätzliche Einreichung der jeweils bestrittenen Tabellenblätter zur AAkte per beA ist bitte zu unterlassen.
9. In die Insolvenztabelle eingetragen werden kann immer nur das Bestreiten der Forderung. Ein „vorläufiges“ Bestreiten ist rechtlich gesehen nicht von einem regulären Widerspruch zu unterscheiden. Etwaige Hinweise an die Gläubiger sind daher in der Bemerkungszeile des Tabellenblatts einzutragen.
10. Tabellenberichtigungen:
a) Tabellenberichtigungen sind aufgrund unterschiedlicher Bearbeitungswege ebenfalls postalisch und mit dem Vermerk „Tabellenkanzlei“ einzureichen, vgl. obiger Hinweis.
b) Für jede Tabellenberichtigung nach dem Prüfungstermin sollte jeweils ein gesondertes Anschreiben vorgelegt werden (keine Zusammenfassung mehrerer Tabellenberichtigungen zu unterschiedlichen Tabellennummern).
c) Bei nachträglichen Korrekturmeldungen bzgl. bereits geprüfter Forderungen ist grundsätzlich zu Kontrollzwecken die nunmehr anerkannte bzw. geminderte Gesamtsumme anzugeben; ein weiteres Tabellenblatt ist nicht erforderlich. Es wird gebeten, immer die Minderungsschreiben der Gläubiger zum jeweiligen Tabellenblatt einzureichen.
d) Bei nicht geprüften Tabellenblättern, bei denen sich bis zum mündlichen oder schriftlichen Prüfungstermin eine Änderung des Prüfungsergebnisses ergeben sollte, ist das bei Gericht vorliegende Tabellenblatt (unter Änderung der Eintragungen) ggf. auszutauschen. Der Grund des Austausches ist im Anschreiben darzulegen.
e) Bei Tabellenberichtigungen werden die betroffenen Gläubiger durch die Insolvenzverwaltung vom berichtigten Prüfungsergebnis benachrichtigt und dies dem Gericht im Anschreiben mitgeteilt. Insoweit wird die Aufgabe nach § 88 Abs. 2 Satz 2 GAbRZwIns1 übertragen.
11. Nachträgliche Forderungsanmeldungen:
a) Werden Forderungsanmeldungen erst nach dem vorgegebenen Niederlegungszeitpunkt angemeldet und zur Tabelle nachgereicht, erfolgt eine Prüfung im schriftlichen Verfahren in einem besonderen Prüfungstermin.
b) Hinsichtlich Deliktsforderungen wird auf Punkt I.7. verwiesen.
c) Bei sog. „asymmetrischen Verfahren“, in denen über die Restschuldbefreiung zwingend nach Ablauf der Abtretungsfrist entschieden werden muss, sind etwaig vorhandene Nachmelder ca. drei Monate vor Ablauf der jeweiligen Abtretungsfrist einzureichen bzw. eine Fehlanzeige hierüber zu erstatten.
d) Nachträgliche Forderungsanmeldungen, welche nach Einreichung der Schlussunterlagen bei der Insolvenzverwaltung eingehen, sind unverzüglich an das Gericht weiterzuleiten. Die Aufnahme in das Schlussverzeichnis erfolgt grds. nur dann, wenn ZRI 2023, 930noch eine rechtzeitige Prüfung in einem besonderen Prüfungstermin vor der Veröffentlichung nach § 188 InsO möglich ist.

II. Abläufe im laufenden Verfahren

1. Es wird erwartet, dass der Schuldner im Erstgespräch mündlich in verständlicher Form über seine Rechte und Pflichten im Insolvenzverfahren belehrt und ein Ortsbesuch vorgenommen wird.
2. Sofern Schreiben an andere Justizbehörden und Abteilungen wie z. B. Hinterlegungsstellen oder Grundbuchämter gerichtet werden, ist darauf zu achten, dass neben dem Insolvenzaktenzeichen für die allgemeine Postverteilerstelle deutlich erkennbar ist, dass die Post nicht an das Insolvenzgericht gerichtet ist, um Irrläufer zu vermeiden.
3. Bei elektronischem Versand ist darauf zu achten, im Betreff ausschließlich das Aktenzeichen des Verfahrens anzugeben, da sonst die Dokumente nicht im jeweiligen Postkorb der elektronischen Akte übernommen werden können ohne händische Änderung.
4. Ein Sonderkonto ist grundsätzlich in allen Verfahren, in welchen mit Geldeingängen zu rechnen ist, anzulegen. Dabei soll auf eine zeitnahe, sichere und zinsbringende/gebührenfreie oder gebührensparende Anlage vereinnahmter Gelder geachtet werden.
5. Sollten Abschlagsverteilungen vorgenommen werden, wird auf die besonderen Fristen gem. §§ 189, 194 Abs. 1 InsO hingewiesen. Die Verteilung ist erst nach gerichtlicher Mitteilung über den Ablauf der Frist nach Veröffentlichung durchzuführen und anschließend zu belegen.
6. Die Abtretung nach § 287 Abs. 2 InsO ist dem Drittschuldner anzuzeigen (§ 292 Abs. 1 Satz 1 InsO). Im Verfahrensverlauf ist zu überprüfen, ob die eingehenden pfändbaren Gehaltsanteile entsprechend der Nettoberechnungsmethode (BAG v. 17. 4. 2013, 10 AZR 59/12; siehe InsbürO 2013, 297) richtig errechnet wurden.
7. Fällt Grundbesitz in die Insolvenzmasse, so wird gebeten, diesen umgehend unter Angabe grundbuchrechtlicher Bezeichnungen gegenüber dem Insolvenzgericht anzuzeigen. Befindet sich der Grundbesitz im EU-Ausland, hat die Insolvenzverwaltung die Eintragungen analog § 32 InsO zu veranlassen (Art. 14 EuInsVO 2015). Auch um eine Fehlanzeige wird gebeten.
8. Sofern der Schuldner vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens Miet- oder Pachtverhältnisse über unbewegliche Gegenstände und Räume begründet hat, ist im Bericht nach § 156 InsO anzugeben, ob eine Erklärung nach § 109 InsO abgegeben wurde und wann diese zugestellt/wirksam wurde.
9. Im Falle der Freigabe einer selbstständigen Tätigkeit gem. § 35 Abs. 2 InsO ist dem Insolvenzgericht die förmliche Freigabeerklärung gegenüber dem Schuldner nebst Zustellnachweis vorzulegen. In der Freigabeerklärung ist die konkrete Art der selbstständigen Tätigkeit zumindest schlagwortartig zu bezeichnen.
10. Werden Anträge etwa nach §§ 850e Nr. 2a, 850c Abs. 6 ZPO gestellt, wird gebeten, auf die Bezeichnung des bzw. der betroffenen Drittschuldner unter Angabe zustellfähiger Anschriften zu achten.
Sollte der Schuldner einen Antrag auf Freigabe stellen (z. B. aufgrund einer möglichen Doppelpfändung), wird in der Stellungnahme um Mitteilung gebeten, seit wann bereits pfändbare Beträge eingezogen werden.
11. Sollte gem. § 5 Abs. 5 InsO die Vorhaltung eines Gläubigerinformationssystems in bestimmten Fällen vorgeschrieben sein, wird darum gebeten, spätestens mit dem Bericht gem. § 156 InsO einen entsprechenden gerichtlichen Zugang zur Verfügung zu stellen.
12. Der Bericht zum ersten Termin sollte dem Gericht ca. eine Woche vor dem Berichtstermin schriftlich vorliegen. Im Zusammenhang mit den Niederlegungsfristen (§§ 154, 175 InsO) ist darauf zu achten, dass die Unterlagen dem Gericht so zugehen müssen, dass dort die Niederlegung auch noch rechtzeitig erfolgen kann. Im mündlichen Termin zu fassende Beschlüsse sollten im Bericht vorformuliert werden und wenigstens einem Mindestmaß an Bestimmtheit genügen. Von Anträgen auf „Pauschalermächtigungen“ ist daher abzusehen.
13. Termine im mündlichen Verfahren sind stets persönlich wahrzunehmen und müssen im Falle der Verhinderung notfalls verlegt bzw. vertagt werden. Eine Vertretung durch einen Bevollmächtigten wird grundsätzlich nicht akzeptiert.
14. Vor mündlichen Terminen wird um kurze Mitteilung (telefonisch oder per E-Mail) gebeten, sofern bereits mit der Teilnahme konkreter Beteiligter gerechnet werden kann.
15. In allen Verfahren gelten Berichtsfristen von sechs Monaten, sofern nicht anders vereinbart. Den Sachstandsberichten ist ein aktueller Kontoauszug in Kopie sowie ggf. eine aktuelle Summen- und Saldenliste beizufügen.
16. Ist ein (vorläufiger) Gläubigerausschuss bestellt, wird gebeten diesen darauf hinzuweisen, dass zum Zwecke der Masseschonung die Bestellung des Sachverständigen zur Kassenprüfung nach § 69 InsO deckungsgleich zur späteren Bestellung des Sachverständigen zur Schlussrechnungsprüfung nach § 66 InsO sein sollte. Um sicherzustellen, dass der Sachverständige für beide Zwecke geeignet ist, ist eine rechtzeitige Rücksprache mit dem Gericht sinnvoll.
17. Zustellungen im Sinne des § 8 Abs. 3 InsO sind im Verfahrensverlauf nur auf ausdrückliche Aufforderung durch das Gericht hin an die Beteiligten vorzunehmen. Im Falle von Zustellungen an Gläubiger aufgrund eines besonderen Prüfungstermins sind Hinweise auf Nr. 2340 KV GKG wegen drohen-ZRI 2023, 931der Doppelzahlungen sowie vom Gericht zu prüfender Kostenerlasse nicht beizufügen; es sei denn, es erfolgt ein ausdrücklicher Auftrag.

III. Schlussunterlagen und Verfahrensabschluss

1. Verpflichtend auf elektronischem Wege einzureichen ist für rechtsanwaltliche Insolvenzverwalter/-innen der Vergütungsantrag. Die Einreichung sämtlicher Schlussunterlagen per beA ist möglich; bei umfangreicherer Belegführung sollte hiervon jedoch noch abgesehen werden. Wird ein Teil der Unterlagen elektronisch, ein anderer postalisch eingereicht, ist dies entsprechend auf den jeweiligen Anschreiben zu kennzeichnen. Von doppelten Einreichungen (postalisch und elektronisch) ist abzusehen.
2. Tabellenunterlagen sind in jedem Fall separat vorzulegen.
3. Der Schlussbericht soll unter Bezugnahme auf das Vermögensverzeichnis des Schuldners sämtliche Schritte der Vermögensverwertung in Übereinstimmung mit der bisherigen Berichterstattung abbilden und auch erläutern, warum bei der Verwertung einzelner Vermögenswerte ggf. deutlich weniger Masse generiert wurde, als ursprünglich prognostiziert.
4. Der Einsatz sämtlicher externer Dienstleister ist unter Angabe der einzelnen Dienstleister und der entstandenen Kosten jeweils unter Aufschlüsselung der Tätigkeiten nach Regel- und Sonderaufgaben (mit Begründung) im Schlussbericht in einem gesonderten Punkt zu kennzeichnen.
5. Sofern die Aufrechterhaltung eines Beschlags bzw. die Anordnung der Nachtragsverteilung notwendig ist, wird um deutliche Kenntlichmachung bereits im Schlussbericht gebeten. Eine Fehlanzeige diesbzgl. und über nicht verwertete Gegenstände ist ebenfalls anzugeben. Bei Einreichung des Verteilungsberichts wird erneut um Mitteilung gebeten, ob und für welche konkreten Einzelansprüche der Insolvenzbeschlag aufrechterhalten werden sollte und bis wann insoweit mit einer voraussichtlichen Erledigung zu rechnen ist.
6. Wenn nach dem Schlusstermin keine pfändbaren Anteile mehr zu erwarten sind, können in Verfahren über die Vermögen natürlicher Personen Rückstellungen für die Vergütung in der Wohlverhaltensphase gebildet werden (BGH v. 20. 11. 2014, IX ZB 16/14, ZVI 2015, 61). Die Treuhändervergütung ist jedoch vorrangig beim Schuldner anzufordern, bevor Rückgriff auf die Rückstellung genommen wird. Vgl. Punkt V.4.
7. Veröffentlichungstexte betreffend § 188 InsO sind innerhalb der mitgeteilten Fristen ausschließlich per E-Mail zu übermitteln an:
INSOLVENZ-TABKANZLEI@ag-m.bayern.de
In der Betreffzeile soll dabei nur das Gerichtsaktenzeichen angegeben werden!
8. Sowohl in die Schluss- als auch in die Verteilungsverzeichnisse sind diejenigen Gläubigervertreter mit aufzunehmen, die anstelle des Gläubigers Zahlungsempfänger sind. Andernfalls kann die korrekte Verteilung nicht bzw. nur wesentlich erschwert geprüft werden. Auf Abtretungen/Änderungen ist bei Vorlage der Verteilungsberichte gesondert hinzuweisen.
9. Sofern die Schlussverteilung nicht innerhalb von drei Monaten nach Durchführung des Schlusstermins abgeschlossen werden kann, sollte eine entsprechende Sachstandsmitteilung ergehen. Soweit eine Vorsteuerrückerstattung aus der Verwaltervergütung zu erwarten ist, sollte die Ausschüttung bis zum Eingang der Erstattung zurückgestellt werden, um hier unnötige Nachtragsverteilungen zu vermeiden.
10. Dem Bericht über die Verteilung der Insolvenzmasse ist eine lückenlos fortgeführte Rechnungslegung mit Belegen für den Zeitraum ab Einreichung der Schlussunterlagen beizufügen. Es ist darauf zu achten, dass ggf. veranlasste Sammelüberweisungen bankseitig aufgeschlüsselt werden.
11. Eine fortgesetzte Schlussrechnung mit Belegen ist auch dann vorzulegen, wenn eine Verteilung an die Insolvenzgläubiger nach dem Schlusstermin nicht möglich ist, sich aber dennoch Bestandsänderungen seit Einreichung der Schlussunterlagen ergeben haben (z. B. durch Entnahme des vorhandenen Guthabens auf die Vergütung). Die Vorlage erfolgt dann zum Schlusstermin.
12. Die Bestellungsurkunde ist spätestens mit Aufhebung des Verfahrens zurückzugeben. Eine neue Bestellungsurkunde für das Treuhänderamt wird nur auf ausdrückliche Aufforderung hin erstellt.

IV. Vergütung

Die Vergütung ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung erfolgsunabhängig und tätigkeitsbezogen zu bemessen. Die evtl. damit zusammenhängenden Belastungen können über einen angemessenen Zuschlag gem. § 3 Abs. 1 InsVV berücksichtigt werden. Auch die Dauer eines Insolvenzverfahrens ist isoliert gesehen kein eigener Zuschlagsgrund.
1. Bei Abfassung der Vergütungsanträge ist auf eine nachvollziehbare Darstellung der Berechnungsgrundlage zu achten. Bei einer Betriebsfortführung ist zusätzlich eine gesonderte Aufstellung aller Einnahmen und Ausgaben beizufügen. Erstattungen auf zuvor aus der Masse bezahlte Gelder (z. B. nicht verbrauchte Gerichtskosten, vom Gegner erstattete Prozesskosten, erstattete Kosten der Zwangsvollstreckung, Erstattungen von Vorauszahlungen auf Stromlieferung, Wasserversorgung etc.) erhöhen die Berechnungsgrundlage nicht und sind als negative Ausgaben gegenzubuchen.
2. Ist mit weiteren Einnahmen bis zum Schlusstermin sicher zu rechnen, z. B. Vorsteuererstattungen auf die Insolvenzverwaltervergütung oder bei laufenden Rentenbezügen/sicherem pfändbarem Einkommen natürlicher Personen, darf die zum Verfah-ZRI 2023, 932rensende prognostizierte Insolvenzmasse zur Vermeidung von Nachfestsetzungen angesetzt werden.
3. Erhöhungstatbestände sind einzeln unter Bezifferung der angedachten Zuschläge in Prozentsätzen zu erläutern.
4. Wurden einzelne Aufgaben an Dritte delegiert, ist dies kenntlich zu machen; die hierfür entstandenen Kosten sind separat aufzuführen gem. § 4 Abs. 1 Satz 3, § 8 Abs. 2 InsVV. Bei der Delegation an Dienstleister sind Zuschläge für den entsprechenden Tätigkeitskomplex grds. nur noch sehr eingeschränkt möglich, BGH v. 12. 9. 2019, IX ZB 1/17, ZVI 2020, 33. Ist eine Delegation an Dritte erfolgt und werden daneben Zuschläge geltend gemacht, ist detailliert darzulegen, welche konkreten Aufgaben durch den Dienstleister und welche durch den Insolvenzverwalter übernommen wurden.
5. Im Vergütungsantrag sind auch die voraussichtlich bis zum Abschluss des Verfahrens noch anfallenden Kosten für Delegationen/Dienstleister anzugeben.
6. Werden Zuschläge geltend gemacht, bei denen sich die Frage einer mittelbaren Vergütungserhöhung aufgrund von Massezuflüssen stellt, so ist zwingend eine Vergleichsrechnung als Bestandteil des Festsetzungsantrags vorzulegen und darzulegen, weshalb der Mehraufwand nicht bereits durch die Vergütungserhöhung aufgrund des Massezuflusses gedeckt ist (ist durch die entsprechende Erhöhung der Berechnungsgrundlage die Tätigkeit des Verwalters angemessen entgolten, bedarf es keines Zuschlags mehr, vgl. BGH v. 8. 3. 2012, IX ZB 162/11; BGH v. 19. 12. 2019, IX ZB 72/18, ZRI 2020, 64 = ZInsO 2020, 321; vgl. auch BGH v. 12. 5. 2011, IX ZB 143/08, ZInsO 2011, 1730).
7. Für übertragene Zustellungen können in „Neuverfahren“ Kosten nach Maßgabe des § 4 Abs. 2 Satz 2 InsVV i. V. m. 9002 KV GKG in Höhe von derzeit 3,50 EUR ab der 11. Zustellung geltend gemacht werden. In Verfahren, welche vor dem 1. 1. 2021 anhängig geworden sind, können maximal 2,80 EUR pro Zustellung berechnet werden.

V. Wohlverhaltensphase

1. Sofern ein Vermögenszuwachs des Schuldners während der Wohlverhaltensphase nicht unwahrscheinlich erscheint, erachtet das Gericht eine jährliche Abfrage der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners zumindest als sinnvoll.
2. Soweit sich Einnahmen ergaben bzw. eine jährliche Berichterstattung angeordnet worden ist, ist der erste Jahresbericht (entsprechend § 292 Abs. 1 InsO) einen Monat nach Ablauf des Berichtsjahres, welches mit Aufhebung des Verfahrens beginnt, zu erstatten.
3. Sofern Masse vorhanden und eine entsprechende Anordnung erfolgt ist, ist diese – nach Berichtigung der Gerichtskosten – grundsätzlich einmal jährlich an die Gläubiger auszuschütten. Das verwendete Verteilungsverzeichnis ist der Rechnungslegung beizufügen. Die Verteilung soll i. S. d. § 292 Abs. 1 Satz 4 InsO bis Ende der Laufzeit zurückgestellt werden, wenn damit zusätzliche Kosten vermieden werden können (z. B. unverhältnismäßig niedrige Quote aufgrund hoher Mindestvergütung bei höherer Gläubigeranzahl).
4. Da in der Wohlverhaltensphase nur auf expliziten Antrag hin Stundung gewährt wird, ist der Vorschuss für die Treuhändervergütung jährlich vom Schuldner abzuverlangen. Zahlungen und Entnahmen der Vorschüsse sind im Rahmen der Berichterstattung anzuzeigen. Auf Rückstellungen für die zu erwartende Treuhändervergütung ist selbst zu achten; vgl. Punkt III.6.
5. Beantragt der Schuldner die vorzeitige Erteilung der Restschuldbefreiung, sollte im Rahmen der Anhörung stets mitgeteilt werden, ob offene Vergütungsansprüche bestehen.
6. Der Abschlussbericht samt Schlussrechnung sollte spätestens zum Ende der vom Gericht bestimmten Anhörungsfrist zur Erteilung der Restschuldbefreiung vorliegen.
7. Die Vergütungsberechnung ist nachvollziehbar darzulegen. Auf ein förmliches Festsetzungsverfahren kann jedoch – insbesondere in Fällen, in denen lediglich die Mindestvergütung angesetzt wurde und/oder die Vergütung bereits vollständig beglichen wurde – grundsätzlich verzichtet und lediglich um Zustimmung des Gerichts gebeten werden.
8. Im Abschlussbericht zur Wohlverhaltensphase ist auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners und deren Veränderungen seit Aufhebung des Insolvenzverfahrens einzugehen. In einem Berichtsabschnitt sollte auf alle ggf. offensichtlich bekanntgewordenen Obliegenheitsverstöße eingegangen werden, auch wenn die Überwachung der Obliegenheiten konkret nicht übertragen wurde.
9. Wurde die Nachtragsverteilung angeordnet, ist spätestens im Abschlussbericht klarzustellen, ob noch Beträge zur Masse geflossen sind bzw. warum (noch) nicht. Ggf. wird auch um Angabe gebeten, ob und weshalb im Einzelfall der Beschlag weiterhin aufrechterhalten bleiben soll und wann voraussichtlich mit einer Erledigung zu rechnen ist.
10. Versagungsanträge nach § 298 InsO sollen in der Anlage die Zahlungsaufforderung enthalten. Es ist darauf zu achten, dass die Zahlungsaufforderung erst nach Ablauf des Tätigkeitsjahres unter Einhaltung der vorgeschriebenen Fristen ergangen sein darf (zwei Wochen Zahlungsfrist ab Zugang des Schreibens an den Schuldner!). Bei zwischenzeitlich erfolgten Zahlungen ist eine erneute Zahlungsaufforderung zu erstellen, die die Zahlungen enthält. Sollte der Schuldner in diesem Abschnitt noch von einem Verfahrensbevollmächtigten vertreten sein, ist die Aufforderung samt Versagungshinweisen an diesen zu senden.
10. 10. 2023
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Anmerkung der Redaktion: Geschäftsanweisung für die Geschäftsstellen der Gerichte in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzverfahren

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