ZRI 2023, 585

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln 2699-0490 Zeitschrift für Restrukturierung und Insolvenz ZRI 2023 NachrufMarie Luise Graf-Schlicker

Tiefe Trauer um Professor Dr. Wilhelm Uhlenbruck

Er war einer der ganz Großen auf dem Gebiet des Konkurs-, Vergleichs- und Insolvenzrechts, das er maßgeblich mitgeprägt hat. Sein Name ist allen, die jemals mit diesen Rechtsmaterien zu tun hatten, ein Begriff. Am 29. Juni 2023 ist Prof. Dr. Wilhelm Uhlenbruck im Alter von 92 Jahren verstorben.
Wilhelm Uhlenbruck entschied sich nach dem Abitur 1951 nicht gleich für ein juristisches Studium, sondern machte zunächst eine dreijährige kaufmännische Lehre, die er mit der Kaufmannsgehilfenprüfung abschloss. Er studierte anschließend in München und Köln Rechtswissenschaft und wurde 1960 mit dem Thema „Der Krankenhausaufnahmevertrag“ an der Universität zu Köln promoviert.
Nach seinem 2. Staatsexamen trat Wilhelm Uhlenbruck 1963 in den Richterdienst des Landes Nordrhein-Westfalen ein. Zunächst durchlief er verschiedene Stationen bei den Landgerichten Bonn und Aachen. 1966 wurde er zum Amtsgerichtsrat in Köln ernannt. In dieser Funktion hat er fast sämtlichen Abteilungen des Amtsgerichts vorgesessen, aber auch langjährige Erfahrungen in der Gerichtsverwaltung gesammelt, bevor er in die Konkursabteilung wechselte.
Schon bald danach wurde er mit dem Vergleichsverfahren über die Kölner Privatbank Herstatt befasst, in der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte der bis dahin größte wirtschaftliche Zusammenbruch einer Bank. Dem außerordentlichen Engagement und dem Verhandlungsgeschick von Wilhelm Uhlenbruck ist es zu verdanken, dass das Verfahren erfolgreich beendet werden konnte und die Gläubiger, darunter viele Privatleute, eine Quote von mehr als 80 % auf ihre Forderungen erhalten haben.
Von Anfang an war Professor Uhlenbruck in die Überlegungen zur Reform des Konkurs- und Vergleichsrechts eingebunden. Der damalige Bundesminister der Justiz, Dr. Jochen Vogel, berief ihn 1978 aufgrund seiner reichen Kenntnisse und Erfahrungen, die er zum damaligen Zeitpunkt bereits durch eine Vielzahl von Veröffentlichungen zum Konkurs- und Vergleichsrecht unter Beweis gestellt hatte, in die Kommission für Insolvenzrecht.
Die Arbeiten in dieser Kommission begleitete Professor Uhlenbruck wissenschaftlich durch zahlreiche Aufsätze und Vorträge. Ein Forum zur Diskussion mit allen am Insolvenzverfahren Beteiligten bot ebenfalls der Arbeitskreis für Insolvenzwesen Köln, dessen Vorsitz er fast 30 Jahre innehatte und den er weit über die Grenzen von Nordrhein-Westfalen bekannt gemacht hat. Er ist beispielgebend für viele Arbeitskreise, die sich nach dem Inkrafttreten der Insolvenzordnung gebildet haben.
Nach der Verabschiedung der Insolvenzordnung 1994, aber noch vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zum 1.1.1999, wirkte er aktiv an der Umsetzung der Reform mit. In einem neuartigen Simulationsverfahren zum Insolvenzplanverfahren, das in der Justizakademie des Landes Nordrhein-Westfalen durchgeführt wurde, brachte er seine umfassenden Kenntnisse ein, um dieses neu geschaffene Instrumentarium einem ersten Praxistest zu unterziehen. Das Protokoll dieser Veranstaltung wurde – mit Kommentierungen von Professor Uhlenbruck versehen – ebenso wie viele seiner anderen wissenschaftlichen Beiträge, im RWS-Verlag veröffentlicht.
Einen Einblick in das außerordentlich umfangreiche wissenschaftliche Werk von Professor Dr. Uhlenbruck bietet die ihm von Prof. Dr. Hanns Prütting und Prof. Dr. Heinz Vallender zu seinem 70. Geburtstag gewidmete Festschrift, die auf ca. 40 Seiten seine bis dahin erfolgten Veröffentlichungen auflistet. Imposant ist dabei nicht nur die Schaffenskraft von Herrn Professor Wilhelm Uhlenbruck im Konkurs-, Vergleichs- und Insolvenzrecht. Bereits mit seiner Dissertation hat er sich ein weiteres Rechtsgebiet erschlossen, das Medizinrecht, in dem er sich – aus einer bekannten Kölner Medizinerfamilie stammend – als Pionier für viele Rechtsfragen auf diesem Gebiet erwiesen hat. Er gehörte zu den Ersten, die Beweisfragen im ärztlichen Haftungsrecht thematisiert haben. Aus seiner Feder stammt eine der ersten Veröffentlichungen zur Patientenverfügung. Sein „Handbuch des Arztrechts“, das er gemeinsam mit Adolf Laufs herausgegeben hat, gehört zu den Standardwerken auf dem Gebiet des Medizinrechts.
Etwas ganz Besonderes aber waren die persönlichen Begegnungen mit Wilhelm Uhlenbruck. Trotz seines enormen Fachwissens dozierte er nie von oben herab, sondern wandte sich seinen Gesprächspartnerinnen und -partnern individuell zu, respektierte sie und vermochte die Gesprächsatmosphäre durch seine humorvollen Einlagen aufzulockern. Diese Zugewandtheit zu den jeweiligen Adressaten spiegelt sich auch in den zahllosen handgeschriebenen Briefen von Wilhelm Uhlenbruck in seiner markanten Handschrift wider.
Für mich und sicherlich für viele andere wird diese außergewöhnliche Persönlichkeit in fachlicher und menschlicher Hinsicht ein großes Vorbild bleiben.
Ministerialdirektorin a. D., Rechtsanwältin Marie Luise Graf-Schlicker, Berlin

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