ZRI 2024, 400

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln 2699-0490 Zeitschrift für Restrukturierung und Insolvenz ZRI 2024 Literatur

Haarmeyer, Hans/Mock, Sebastian, Vergütung in Krise, Sanierung und Insolvenz,

7. neu bearb. Aufl., 2024, Verlag C.H. Beck, 848 S., 129 €, ISBN 978-3-406-79252-6
Das Werk von Haarmeyer und Mock gehört längst zu den Standardkommentaren der InsVV. Die Autoren haben die durch das SanInsFoG vorgenommenen Änderungen der InsVV und die neue Rechtsprechung des BGH zum Anlass der Neuauflage genommen. Sie enthält Kommentierungen über die Vergütung von Geschäftsleitern, Sanierungs- und Interimsmanagern sowie Sanierungsberatern (Teil A, §§ 87 f., 113 AktG, § 612 BGB, § 52 GmbHG) sowie die Vergütung in Verfahren nach dem StaRUG (Teil B, §§ 80 ff., § 98 StaRUG). In Teil C findet sich eine Kommentierung der §§ 63 ff., § 73 und § 269g InsO, während Teil D die Kommentierung der InsVV und Teil E die Kommentierung vergütungsrechtlicher Probleme im Zusammenhang mit Art. 77 EuInsVO 2015 enthalten.
Da die Kommentierung der InsVV den Leserkreis dieser Zeitschrift am meisten interessieren dürfte und sie auf immerhin 722 Seiten den Hauptteil des Werks bestreitet, wird mit der Besprechung von Teil D begonnen. In dessen umfangreichen Vorbemerkungen finden sich auf Rz. 11 ff. lesenswerte und zutreffende Ausführungen zum inkonsistenten, veralteten und insgesamt reformbedürftigen „System“ der InsVV mit einer ungenügenden Harmonisierung von Erfolgs- und Tätigkeitsvergütung. Hier führt insbesondere der für die Berechnung einer angemessenen Vergütung völlig ungeeignete „Normalfall“ in die Irre, der die notwendige Brücke zwischen der Erfolgsvergütung des § 2 InsVV und der Tätigkeitsvergütung des § 3 InsVV nicht zu schlagen vermag. Die Autoren sehen auch darin zutreffend einen wesentlichen Faktor für das Scheitern einer einheitlichen Handhabung des Vergütungsrechts nach der InsVV (Teil D, Vorbemerkung, Rz. 15 ff.). Daraus ergibt sich zwingend, dass die nach der InsVV vorgenommene Festsetzung der Vergütung nicht mehr angemessen i. S. d. Art. 12 Abs. 1 GG sein kann (Teil D, Vorbemerkung, Rz. 18 ff.) und dringender Reformbedarf zur Änderung der InsVV angezeigt ist (Teil D, Vorbemerkung, Rz. 30).
Trotz aller Unzulänglichkeiten der reformbedürftigen InsVV verstehen es die Autoren meisterhaft, ihren Vorschriften einen für die Vergütungspraxis verwendbaren Inhalt zu entlocken und Insolvenzverwaltern und -gerichten konkrete Vorgaben für die Vergütungsberechnung an die Hand zu geben (etwa zum Umfang der für die Vergütung maßgeblichen Teilungsmasse in Teil D, § 1 InsVV Rz. 41 ff.). So zeigen sie Möglichkeiten auf, zur Unangemessenheit der Regelvergütung nach § 2 InsVV durch Vortrag im Vergütungsantrag Stellung zu nehmen (Teil D, § 2 InsVV Rz. 10) und sich bei der Bestimmung des „Normalfalls“ von den allzu oft verwendeten Faustregeltabellen zu lösen (Teil D, § 2 InsVV Rz. 13 ff.). Die Ersetzung des „fiktiven“ durch einen „tatsächlichen“ Normalfall in der neuesten Rechtsprechung des BGH wird wegen des damit verbundenen hohen Zeitaufwands und der erforderlichen Ermittlung vergleichbarer Fälle mit Recht kritisch gesehen (Teil D, § 2 Rz. 19 f.).
Wie nicht anders zu erwarten, finden sich eingehende Ausführungen zu § 3 InsVV, der als „Schlüsselnorm“ des Vergütungsrechts für Insolvenzverwalter zu sehen ist. Die Autoren geben zunächst praktische Hinweise für die Prüfung der Zuschlagsrelevanz von Tätigkeiten (Teil D, § 3 InsVV Rz. 21 ff.) und kritisieren zu Recht abermals das von einem wie auch immer ausgestalteten „Normalfall“ abhängige Zuschlagssystem der InsVV, bei dem es derzeit mehr als 120 Zuschlagstatbestände gibt. Zutreffend wird darauf hingewiesen, dass dadurch bei der Festsetzung der Vergütung viele Tätigkeiten des Insolvenzverwalters unberücksichtigt bleiben (Teil D, § 3 InsVV Rz. 34), sofern sie nicht ohnehin der vom BGH verlangten „Gesamtschau“ aller Tätigkeiten des Insolvenzverwalters zum Opfer fallen. Dies gilt insbesondere für die Unternehmensfortführung, die sich kaum vergütungserhöhend auswirkt (Teil D, § 3 InsVV Rz. 106) und an deren Begründung wegen der Vorlage einer Vergleichsrechnung unangemessen hohe Hürden angelegt werden (Teil D, § 3 InsVV Rz. 127). Welche Zuschlagstatbestände bei der Vergütungsfestsetzung nicht anzuerkennen sind, wird in Teil D, § 3 InsVV Rz. 195 ff. aufgeführt, wobei der Verfasser der Ansicht ist, dass der Erfolg des Insolvenzverwalters als Zuschlag berücksichtigt werden sollte (a. A. Teil D, § 3 InsVV Rz. 218).
Doch genug der Ausführungen zur InsVV – auch die Sanierungsberatung außerhalb des StaRUG ist mit vergütungsrechtlichen Problemen verbunden. Bei der Tätigkeit des Sanierungsberaters kann nicht davon ausgegangen werden, dass seine Leistungen „gratis“ erbracht werden. Wird die Höhe der aus § 611 BGB bzw. §§ 675 ff. BGB folgenden Vergütung nicht vereinbart oder nach getaner Arbeit angezweifelt, hilft § 612 Abs. 1 BGB: Eine Vergütung gilt danach als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen Vergütung zu erwarten ist (Teil A, § 612 BGB Rz. 2). Das ist bei Beratungstätigkeiten jedweder Art der Fall. In Ermangelung einer vereinbarten Höhe der Vergütung gilt das Übliche (§ 612 Abs. 2 BGB), wobei sich die beratenen Unternehmen nicht auf eine Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Lage berufen können (Teil D, § 612 Rz. 5). Hinsichtlich der Stundensätze kann man sich an denen des StaRUG orientieren, d. h., es ist in der Regel von 350 € oder mehr auszugehen. In diesem Zusammenhang sollte die Kommentierung noch darauf hinweisen, dass die Beauftragung eines Beraters in der Absicht, diesen nicht zu bezahlen, als Eingehungsbetrug gem. § 263 StGB strafbar ist.
Wie die bisher ergangene Rechtsprechung zeigt, stellt die Bestimmung der Stundensätze das Hauptproblem bei der Vergütung des Restrukturierungsbeauftragten dar. Hierbei kommt es auf die Größe des Unternehmens, die Art und den Umfang seiner wirtschaftlichen Schwierigkeiten sowie die Qualifikation des Restrukturierungsbeauftragen und seiner Mitarbeiter an (Teil B, § 81 StaRUG Rz. 14 ff.). Dass die im Gesetz vorgesehenen Regelsätze von 350 € mit der Realität nicht viel zu tun haben, erstaunt angesichts der in der InsVV erkennbaren Realitätsferne des Gesetz- und Verordnungsgebers nicht (Teil B, § 81 StaRUG Rz. 19).
In Teil C widmet sich die Kommentierung des § 63 InsO abermals den in bereits in der InsVV zum Ausdruck gekommenen Inkonsistenzen bei der Festsetzung der Vergütung (Teil C, § 63 Rz. 12 ff.) und der zu Recht von diversen Seiten erhobenen Forderungen nach einer Neuorientierung der Vergütung (Teil C, § 63 Rz. 17). Schlussendlich enthält Teil E wertvolle Hinweise zur Vergütung des im Rahmen der Konzerninsolvenz tätigen Koordinators.
Zusammenfassend ist zu konstatieren, dass die Neuauflage des „Haarmeyer/Mock“ die in eine Kommentierung zur InsVV gesetzten Erwartungen mehr als erfüllt. Fachlich ist das von Experten des Vergütungsrechts verfasste Werk über jeden Zweifel erhaben, sehr aktuell und gerade wegen der berechtigten Systemkritik eine Fundgrube für alle rechtlichen und praktischen Fragen des Vergütungsrechts. Die Kommentierung zu Vergütungen in diversen Rechtsgebieten bietet gegenüber anderen Werken einen deutlichen Mehrwert. Richter und Rechtspfleger sowie Gutachter, Verwalter und Berater benötigen das Buch bei ihrer täglichen Arbeit. Ihm sind noch viele weitere Auflagen zu wünschen.
Regierungsdirektor Dr. Johannes Holzer, München

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