ZRI 2023, 332

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln 2699-0490 Zeitschrift für Restrukturierung und Insolvenz ZRI 2023 Literatur

Kayser, Godehard/Thole, Christoph (Hrsg.), Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, 11. neu bearb. Aufl., 2023,

Verlag C.F. Müller, 2.487 S., 229 €, ISBN 978-3-8114-8778-9
Der bewährte „Heidelberger Kommentar“ ist nunmehr in 11. Auflage mit Stand Herbst 2022 erschienen. Berücksichtigt sind das SanInsFoG und das COVInsAG (jetzt: SanInsKG). Im Umfang hat das Werk „nominal“ im Vergleich zur 10. Auflage knapp 40 Seiten verloren, aber dies ist der Änderung der Typo geschuldet, die nunmehr etwas kleiner geworden ist, was aber die Lesbarkeit nicht schmälert, im Gegenteil, der noch in der 10. Auflage zu vermerkende „Durchschlag“ der rückwärtigen Druckseite, der die Lesbarkeit stark beeinträchtigte, ist nun weitgehend aufgrund besseren Papiers beseitigt worden. Zudem hat die kleinere Typo Platz für mehr Inhalt geschaffen. Hinsichtlich des Autorenteams sind das (teilweise) Ausscheiden von Prof. Marotzke (§§ 106, 108 – 112, 115 – 199 InsO werden nunmehr durch Notar G.L. Schmidt kommentiert) und Prof. Haas, dessen Insolvenzplankommentierung RAin S. Fiebig übernommen hat, zu vermelden. Textlich sind deren Ausführungen bisher nur vorsichtig im Vergleich zur vorherigen Kommentierung verändert, der Fußnotenapparat aber aktualisiert, man darf auf kommende Überarbeitungen gespannt sein. Nach Überprüfung ist dem gesamten Werk indes eine durchgängig gelungene Aktualisierung im Fußnotenbereich zu attestieren, die so manchem Konkurrenzband abgeht, weil leider allzu häufig geliebte Zitat„ketten“ stehengelassen, aber nicht entsprechend neuer Rechtsprechung und Literatur nachbearbeitet werden – hier nicht. Nutzbringend ist auch die optische Hervorhebung „anderer Ansichten“ in der Fußnotenzitierung.
Die Stärken des Werkes sind die praxisgespeisten Kommentierungen zum Insolvenzeröffnungsverfahren und zu den Insolvenz(eröffnungs)gründen (Sternal, Laroche), zum Insolvenzanfechtungsrecht, zur Eigenverwaltung und zum Insolvenzverfahren natürlicher Personen. Ries für § 35 und Keller für § 36 behandeln den Umfang der Masse und die vielfältige BGH-Rechtsprechung zu Fragen der Pfändbarkeit und der Grenzen des Massebeschlages wirklich praxisorientiert und sehr aktuell, wie auch konzentriert mit zielführenden Schwerpunkten zur Durchdringung der – von zahlreichen Meinungsstreitigkeiten gebeutelten – Materie, was insbesondere für den/die Insolvenzsachbearbeiter/in nutzbringend ist.
Wie bisher wird das Insolvenzanfechtungsrecht in bravouröser Weise allein durch Thole bewältigt. Die neue BGH-Rechtsprechung seit der Entscheidung vom 6. 5. 2021 und die Reform des Insolvenzanfechtungsrechts werden in allen ihren „Merkwürdigkeiten“ kenntnisreich dargestellt. Bereichernd sind die von Thole häufiger „eingestreuten“ „aufsatzähnlichen“ Bemerkungen (s. z. B. § 133 Rz. 43 zu den Beweisanzeichen für die Kenntnis des Anfechtungsgegners). Die Stärke des Werkes ist und bleibt gerade hier die konsequente Rechtsprechungsorientierung. Zuweilen irritiert aber die Zitierweise von BGH-Entscheidungen „nur nach dem Aktenzeichen“, wohingegen eine Zeitschriften-Fundstelle anderweit durchaus angegeben wird; hier bleibt Aufgabe, dass die beiden Herausgeber eine Stringenz einführen müssten. Angenehm bemerkbar macht sich, dass wichtige Sekundärliteratur gewichtet und „ausgesucht“ zitiert wird. Brünkmans erläutert die reformierten Regelungen zur Eigenverwaltung. Zutreffend und sehr gelungen konzentriert sich der Fußnotenapparat hier auf die ganz aktuelle Rezeption der neu gefassten Normen. Schwerpunkte werden richtigerweise bei der Finanz- und Liquiditätsplanung und bei der Abgrenzung der IDW-Standards (§ 270a Rz. 40 ff.) gebildet, wie auch bei den im Gesetz – teilweise versteckten – Nachteilsprüfungsnotwendigkeiten.
Waltenberger stellt insbesondere aus insolvenzgerichtlicher Sicht die gesamte „Verbraucherinsolvenz“ und den „Restschuldbefreiungsbereich“ dar, mit Berücksichtigung der sehr zahlreich durch die Doppel-Reform seit Mitte 2014 und zum 1. 1. 2021 entstandenen Probleme mit den vielen Streitfragen und fügt hierzu auch viele Entscheidungsbeispiele an. Die neuen Normen mit den Schuldnerantragsmöglichkeiten wie § 295a Abs. 2 InsO und § 295 Nr. 2 Satz 2 InsO (Gewinnabführung des Schuldners, das Stichwort sucht mensch im Stichwortregister leider vergebens) hätten allerdings, insbesondere in Anbetracht der bereits dazu erschienen Aufsatzliteratur, eine ausführlichere Darstellung verdient.
Nicht außer Betracht bleiben darf bei diesem Werk das „Beiprogramm“ aus einer Vollkommentierung der InsVV und der EuInsVO (hinzu kommen noch das AnfG und das SGB III in Teilen). So bietet der Kommentar „Full-Service-in-einem-Band“, wohingegen andere Werke inzwischen mit einer „Zweiteilung“ bei gesondertem Preis pro Band die NutzerInnen abschöpfen. Der Teil zur – rechtsprechungslastigen – Verwaltervergütungsverordnung InsVV ist durch Keller auf dem neuesten Stand gehalten und wiederum insbesondere für die Insolvenzsachbearbeiter sehr nützlich. Die Kommentierung zu EuInsVO und Art. 102c EGInsO durch Dornblüth und Schultz (ab Art. 56 Thole) ist umfangmäßig akzetabel, zu Art. 5 (Rechtsmittel zur Zuständigkeit im Streit zwischen verschiedenen möglichen Hauptverfahrensgerichten, recht praxisrelevant) allerdings mit 1,5 Seiten weiterhin unterdurchschnittlich: hier sollten die „Früchte“ des „Niki Luftfahrt“-Verfahrens und die Auseinandersetzung mit diesem besonderen Rechtmittel ausführlicher erörtert sein (das gilt auch für Art. 102c § 4 EGInsO).
Insgesamt bleibt das Werk seinem Stil treu: prägnante, griffige, manchmal recht kurz gefasste Kommentierungsweise, immer lösungs- und rechtsprechungsorientiert. Fazit: Sollte in jedem Fachaufsatz zitiert und vor jeder Entscheidung zu Rate gezogen werden.
Frank Frind, Insolvenz- und Restrukturierungsrichter, AG Hamburg

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