ZRI 2024, 227

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln 2699-0490 Zeitschrift für Restrukturierung und Insolvenz ZRI 2024 Literatur

Obermüller, Manfred (Hrsg.), Insolvenzrecht in der Bankpraxis,

10. Aufl., 2023, LXXXVIII und 2.229 S., 209 €, ISBN 978-3-504-43012-2.
Ein Klassiker feiert seinen 10. Geburtstag. 1972 legte Manfred Obermüller seine Dissertation mit dem von ihm selbst als „sperrig“ bezeichneten Titel „Die rechtliche Stellung des Kreditinstituts im Konkurs des Bankkunden“ vor, der zehn Jahre später eine zweite Auflage folgte. Seit der 1997 veröffentlichten 5. Auflage erscheint das Buch unter dem heutigen Titel „Insolvenzrecht in der Bankpraxis“. Gut fünfzig Jahre nach Erscheinen der Dissertation und sieben Jahre nach Vorlage der Vorauflage präsentieren Herausgeber, Autoren und Verlag jetzt eine zehnte, die das Werk auf den neuesten Stand bringt.
Mittlerweile hat der „Doktorand“ eine illustre Autorenschar um sich gesammelt. Gegenüber der Vorauflage ist Karen Kuder aus dem Team ausgeschieden. Neben dem Herausgeber selbst und seinem schon in der neunten Auflage engagierten Sohn Martin Obermüller, Insolvenzverwalter in Frankfurt, kommentieren jetzt die bankrechtlich besonders ausgewiesenen, langjährig als Syndici in deutschen Großbanken tätigen Rechtsanwälte Andreas Büchel, Herwart Huber und Thomas Ingelmann. Ebenfalls neu hinzugestoßen ist Sebastian Mock, Universitätsprofessor in Wien.
Inhaltlich bleibt das Buch bei seinem bewährten Konzept, sich an den typischen Geschäftsvorgängen innerhalb einer Bank zu orientieren und die Auswirkungen der Kundeninsolvenz in diesen Geschäftsbereichen darzustellen. So folgen einem 1. Teil, der eine allgemeine Übersicht über das Bank- und Restrukturierungsrecht bietet, und einem 2. Teil, der die Geschäftsverbindungen und Kontobeziehungen zum Gegenstand hat, sechs besondere Teile, die dem Zahlungsverkehr, dem Akkreditiv- und Dokumentengeschäft, dem Kreditgeschäft, den Kreditsicherheiten, dem Leasing, Factoring und der Forfaitierung sowie dem Kapitalmarktgeschäft gewidmet sind. Dabei fallen zwei wesentliche Akzentsetzungen auf.
Zum einen war es nach dem Inkrafttreten des StaRUG und der damit verbundenen besonderen Betonung des Sanierungsgedankens erforderlich, diesen Aspekt des Insolvenzgeschehens stärker zu berücksichtigen. Das geschieht nicht nur in dem allgemeinen, von Martin Obermüller verantworteten ersten Teil, der das Restrukturierungsrecht nunmehr bereits im Titel führt und es in den beiden Kapiteln über die außergerichtliche Unternehmenssanierung sowie das Stabilisierungs- und Restrukturierungsverfahren näher entfaltet, sondern auch in den besonderen Teilen. Insbesondere der von Herwart Huber gründlich überarbeitete fünfte Teil über das Kreditgeschäft befasst sich jetzt intensiv mit Risiken und Handlungsoptionen für die Bank in der vorinsolvenzlichen Sanierungs- bzw. Restrukturierungsbegleitung. Auch der noch einmal von Manfred Obermüller selbst bearbeitete sechste Teil, der sich mit den Kreditsicherheiten beschäftigt, greift diesen Aspekt bei Rz. 6.282 ff. und Rz. 6.1900 ff. gesondert auf.
Zum anderen ist beeindruckend, mit welcher Akribie das in den seit der Vorauflage vergangenen sieben Jahren reichhaltig erschienene Rechtsprechungsmaterial – Literatur wird nur sehr vereinzelt zitiert – ausgewertet wurde. Exemplarisch sei dazu auf die Ausführung zur Neuausrichtung der Rechtsprechung des IX. Senats des Bundesgerichtshofs zur Vorsatzanfechtung kongruenter Deckungen verwiesen, der Huber bei Rz. 5.511 ff. ausführliche Überlegungen gewidmet hat. Auch die Darstellung zum gegen einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz sprechenden Indiz der ernsthaften Sanierungsbemühungen (Rz. 5.518 ff.) verdient hier besondere Erwähnung. Ein weiteres Beispiel bietet die inzwischen ausdifferenzierte Rechtsprechung des IX. Senats zum Verwertungsrecht des vorläufigen bzw. endgültigen Insolvenzverwalters, insbesondere zu der nicht immer leicht zu beantwortenden Frage, wann der Insolvenzverwalter Besitz im Sinne von § 166 InsO hat. Manfred Obermüller beschäftigt sich damit im zentralen sechsten Teil des Buches, etwa bei Rz. 6.1753 ff., wo die wichtige Entscheidung des BGH vom 24. Januar 2019 (IX ZR 110/17, BGHZ 221, 10) in den Blick genommen wird, oder bei Rz. 6.1112 ff., wo die Entscheidung des BGH vom 11. Januar 2018 (IX ZR 295/16, NJW 2018, 1471) zum mittelbaren Besitz ausgewertet wird.
Erwähnung verdient auch die äußerst hilfreiche Anreicherung des Textes durch den Abdruck von Formularen und Vertragsmustern. Der Verlag hat sich dazu entschlossen, den Käufern des Buches neben dem Gesamttext auch diese Handreichung elektronisch zugänglich zu machen. Man kann auf die Mustertexte in der Datenbank des Verlages zugreifen, sie als Word-taugliche rtf-Dokumente herunterladen und ausfüllen oder modifizieren. Das erleichtert die Vertragsgestaltung sehr und ist ein ausgesprochen fürsorglicher Service.
Wenn dem zu den eifrigen Benutzern dieses Werkes gehörenden Rezensenten eine Anregung gestattet ist, dann würde er sich wünschen, dass künftig der zunehmenden Internationalisierung des Insolvenzgeschehens stärker Rechnung getragen wird. Internationales und Europäisches Insolvenzrecht kommen in dem Buch praktisch nicht vor. Das bleibt ein Desiderat für weitere Auflagen.
Manfred Obermüller hat angekündigt, sich nach mehr als fünfzig Jahren mit dieser Auflage aus der aktiven, sicher ausgesprochen zeit- und arbeitsaufwändigen Betreuung des Buches zurückzuziehen und die weitere Bearbeitung in jüngere Hände zu legen. Ihm ist – mit großem Dank für dieses die Praxis bereichernde, unverzichtbare Standardwerk – zu wünschen, dass er die dadurch freiwerdende Zeit bei bester Gesundheit mit anderen schönen Dingen ausfüllen kann.
Prof. Dr. Reinhard Bork, Hamburg

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