ZRI 2023, 232

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln 2699-0490 Zeitschrift für Restrukturierung und Insolvenz ZRI 2023 Literatur

Seibt, Christoph/Westpfahl, Lars (Hrsg.), StaRUG,

1. Aufl., 2023, Verlag Dr. Otto Schmidt KG, 1.748 S., 199 €, ISBN 978-3-504-32219-9
Und wieder hat ein Kommentar zum StaRUG, um dessen praktische Anwendung es im Jahre 2022 doch recht still geworden ist (was nicht nur der vom Gesetz auch beabsichtigten Art und Weise der „Verfahrensdurchführung“, nämlich ohne regelhafte Veröffentlichungen (§ 84 Abs. 1 StaRUG), geschuldet ist (so sei gleich angemerkt, dass das Werk dieser Verfahrensweise schon dadurch entspricht, als das Stichwortverzeichnis den Stichwortbegriff „Veröffentlichung“ nicht aufweist)), das Licht der Fachwelt erblickt. Der Wettstreit zwischen den inzwischen ca. 15 bis 20 Kommentaren und Handbüchern zum StaRUG wird in Ansehung dieser Marktsituation gewiss zur Frage künftigen Forterscheinens schärfer werden. Das hiesige Werk wird dabei den Vorteil haben, aufgrund recht „später“ Erscheinungsweise bereits die meisten anderen Kommentierungen im Fußnotenapparat und auch erste Entscheidungen schon berücksichtigen zu können. Das Autorenteam aus insgesamt 27 praktisch und wissenschaftlich im Sanierungsrecht ausgewiesenen Experten bürgt für die Verwirklichung dieses Anspruches, alldieweil angemerkt werden muss, dass lediglich ein Restrukturierungsrichter sich unter den Bearbeiter:innen findet. Das mag der im Gesetzgebungsprozess intendierten, im praktischen gesetzlich geregelten Verfahrensverlauf dann indes nicht umgesetzten, zurückgenommenen Rolle „des Gerichtes“ entsprechen zu sollen.
Die Schwerpunktsetzung im Werk ist entsprechend praktischer Notwendigkeiten zutreffend umgesetzt. Es geht für Ratsuchende immer um die Fragen „was, wie, wofür?“ bei gerichtsbegleiteten Sanierungsverfahren, und schon die erste Frage beantworten Herding/Kraftzyk mit einer sehr ausführlichen Kommentierung zu den gestaltbaren Rechtsverhältnissen zu § 2 StaRUG fulminant. Hier ist auf 130 Druckseiten mit insgesamt 285 Randnummern keine Verfahrensfrage offengeblieben, die zur Verwendbarkeit und Reichweite des StaRUG-Verfahrens gestellt werden könnte, inklusive der (künftig) sehr interessanten cross-border-Sachverhalte. Hölzle kommentiert dann die Fragen der Gruppenbildung und -einteilung, die später zum Restrukturierungsplaninhalt (§ 63) Parzinger/Lappe noch einmal aufnehmen. Zutreffend nehmen diese Bearbeiter in den Fußnotenapparaten auch Rechtsprechungsentscheidungen zum Insolvenzplanverfahren in den Blick, wo diese passen oder zumindest wichtige Hinweise auch für das StaRUG-Verfahren enthalten können.
Das sehr wichtige Vorprüfungsverfahren stellt sodann RiBGH a. D. Gehrlein kundig dar, wobei eine engere Verzahnung mit den amtswegigen Eingriffs- und Zuständigkeitsvorschriften (§§ 34 ff. StaRUG), die Deppenkemper bearbeitet, künftig mittels Querbezügen wünschenswert wäre. Praktische Umsetzungsfragen (z. B.: können unzulässige Vorprüfungsfragen zurückgewiesen werden; Vorprüfung im schriftlichen Verfahrern sinnvoll; Ladungs- und Terminierungsfristen zugunsten von Gläubigerbeteiligung verlängerbar?) wären idealerweise noch abrundend zu klären gewesen. Deppenkemper indes hat zu den vorweggenannten Eingriffs- und Zuständigkeitsnormen die wohl ausführlichste Kommentierung verfasst, die dem hiesigen Verfasser bisher bekannt geworden ist, der Fußnotenapparat ist ungewöhnlich „dicht“ bestückt mit Rechtsprechungsentscheidungen und insbesondere Fragen der Zuständigkeit oder Akteneinsicht sind bis ins letzte Detail durchleuchtet. Der vierte große Part widmet sich in praxiswichtiger Hinsicht dem Stabilisierungsanordnungsverfahren; die entsprechenden Normen (§§ 49 ff.) werden komplett durch Schönen/Bender erläutert. Auch hierzu kann „man“ nur gratulieren, da die gesamte bisherige Kommentar- und Aufsatzliteratur bis hin zu ZVG-Fragen ausführlich verarbeitet worden ist und die Schwerpunktsetzung auch für die Gerichte nutzbringend bei den Anordnungsvoraussetzungs- und Reichweitenfragen (gerade hinsichtlich der vertragsrechtlichen Wirkungen) gesucht worden ist.
Der Restrukturierungsplan und dessen Bestätigung (§§ 60 ff.) erfährt wiederum gerade beim strittigen Thema „Vergleichsrechnung“ dann mehrfach gebührende Erörterung, nämlich durch Westpfahl bei § 26 und durch Sattler bei § 64. Die anschließende Bearbeitung von Stellung und Aufgaben des Restrukturierungsbeauftragten (§§ 73 ff.) in seinen unterschiedlichen Erscheinungsformen wären indes vielleicht durch restrukturierungsgerichtliche Anwender tiefergehend, zumindest „anders“ dargestellt worden. Selbst so relevante und augenfällige Probleme wie die „Unabhängigkeit“ (§ 74 Rz. 9 ff.) werden recht kurz dargestellt, der Fußnotenapparat in diesem Teil des Werkes fällt gegenüber der „Dichte“ in anderen Teilen deutlich ab. Eigentlich notwendige „Ausflüge“ zu den §§ 56 ff. InsO fehlen weitgehend; die Bearbeiter erkennen auch nicht, dass es strittig ist, ob eine „Vorauswahlliste für Restrukturierungsbeauftragte durch die jeweiligen Richter zu führen wäre (§ 74 Rz. 15). Highlights sind dann die „Zugaben“: Bei § 88 findet sich eine nahezu im Understatement als „Anhang“ betitelte umfassende Darstellung von Restrukturierung mit Auslandsbezug des leider verstorbenen Prof. Mankowski und nach § 102 gibt es zwei Sonderteile „Steuerrechtliche Aspekte von Restrukturierungsverfahren“ (Ruoff/Franz) und Darstellungen der „Sanierungsverfahren in Großbritannien und den Niederlanden“.
Damit ist dem Werk insgesamt ein nicht nur veritabler, sondern ein wirklich großartiger Start gelungen und es bleibt nur noch, auf die dringend anzuratende Verwendung und „Zu-Rate-Ziehung“ bei möglichst vielen Sanierungsfällen zu hoffen.
Frank Frind, Insolvenz- und Restrukturierungsrichter, AG Hamburg

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