ZRI 2024, 1085

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln 2699-0490 Zeitschrift für Restrukturierung und Insolvenz ZRI 2024 RechtsprechungStrafrechtStGB § 356 Abs. 1; BRAO § 43a Abs. 4; BORA § 3 Abs. 4; StPO § 261; InsO § 29 Abs. 2, § 77 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1Zum Umfang der anvertrauten Angelegenheiten beim Vorwurf des Parteiverrats StGB§ 356 BRAO§ 43a BORA§ 3 StPO§ 261 InsO§ 29 InsO§ 77 OLG Celle, Beschl. v. 02.10.2024 – 3 ORs 18/24 (LG Hildesheim)OLG CelleBeschl.2.10.20243 ORs 18/24LG Hildesheim

Leitsätze des Gerichts:

1. Zwar beurteilen sich die anvertrauten Interessen i. S. v. § 356 Abs. 1 StGB nach dem Inhalt des dem Rechtsanwalt erteilten Auftrags, der maßgeblich vom Willen der Partei gestaltet wird. Beruhen die Feststellungen hierzu aber auf einer Beweiswürdigung, die einseitig auf die Sichtweise der Auftraggeber abstellt, kann dies rechtsfehlerhaft sein. Denn das Anvertrautsein einer Angelegenheit erfordert auch die Annahme des Auftrags durch den Rechtsanwalt, wobei diese ausdrücklich oder durch schlüssige Erklärung erfolgen kann.
2. Vertritt ein Rechtsanwalt mehrere Gläubiger und bevorzugt, nachdem ein Interessenkonflikt zwischen ihnen zu Tage getreten ist, einen der Gläubiger vor den anderen, so scheidet eine rechtfertigende Pflichtenkollision aus. Denn darin läge ein Wertungswiderspruch zu Sinn und Zweck des § 356 Abs. 1 StGB, der das Vertrauen der Allgemeinheit in die Zuverlässigkeit und Integrität der Rechtsanwaltschaft schützt. Außerdem bestehen bei einer solchen Sachlage keine gleichrangigen Pflichten gegenüber verschiedenen Mandanten; vielmehr hat die Pflicht zur Niederlegung aller Mandate Vorrang.

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