ZRI 2024, 1047

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln 2699-0490 Zeitschrift für Restrukturierung und Insolvenz ZRI 2024 RechtsprechungInsolvenzrechtRestRL Art. 23 Abs. 2Art. 23 Abs. 4 RL (EU) 2019/1023 – verbleibende Umsetzungsspielräume zur Verschärfung der Entschuldungsvoraussetzungen („Corvan“ und „Bacigán“) RestRLArt. 23 EuGH, Urt. v. 07.11.2024 – verb. Rs C-289/23, C-305/23 (Juzgado de lo Mercantil n° 1 de Alicante (Handelsgericht Nr. 1 Alicante, Spanien)/Juzgado de lo Mercantil n° 10 de Barcelona (Handelsgericht Nr. 10 Barcelona, Spanien))EuGHUrt.7.11.2024verb. Rs C-289/23C-305/23Juzgado de lo Mercantil n° 1 de Alicante (Handelsgericht Nr. 1 Alicante, Spanien)/Juzgado de lo Mercantil n° 10 de Barcelona (Handelsgericht Nr. 10 Barcelona, Spanien)

Urteilsausspruch (Verfahrenssprache: Spanisch):

1. Art. 23 Abs. 2 RL (EU) 2019/1023 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. 6. 2019 über präventive Restrukturierungsrahmen, über Entschuldung und über Tätigkeitsverbote sowie über Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren und zur Änderung der RL (EU) 2017/1132 (Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz) ist dahin auszulegen, dass die dort aufgeführte Aufzählung von Umständen nicht abschließend ist und die Mitgliedstaaten im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie in ihr nationales Recht befugt sind, Bestimmungen zu erlassen, mit denen der Zugang zum Recht auf Entschuldung stärker beschränkt wird als durch die frühere nationale Regelung und unter anderen als den in Art. 23 Abs. 2 genannten Umständen der Zugang zur Entschuldung verwehrt oder beschränkt wird, die Entschuldung widerrufen wird oder längere Fristen für eine volle Entschuldung bzw. längere Verbotsfristen vorgesehen werden, sofern diese Umstände genau festgelegt und solche Ausnahmeregelungen ausreichend gerechtfertigt sind.
2. Art. 23 Abs. 1 und 2 RL 2019/1023 ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die im Rahmen der Umsetzung dieser Richtlinie vorschreibt, dass infolge eines Insolvenzverfahrens nicht bevorrechtigte öffentliche Forderungen beglichen werden müssen, um eine Entschuldung erhalten zu können, den Zugang zur Entschuldung unter Umständen auch dann ausschließt, wenn sich der Schuldner fahrlässig oder unvorsichtig verhalten hat, ohne jedoch unredlich oder bösgläubig gehandelt zu haben, und den Zugang zur Entschuldung ausschließt, wenn gegen den Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Entschuldungsantrag durch eine bestandskräftige Verwaltungsentscheidung wegen eines sehr schweren Verstoßes in Steuersachen oder eines Verstoßes gegen die Sozialversicherung oder die gesellschaftliche Ordnung eine Sanktion verhängt wurde oder wenn gegen ihn eine bestandskräftige Entscheidung über die Ausweitung der Haftung ergangen ist, es sei denn, der Schuldner hat zum Zeitpunkt der Stellung dieses Antrags seine steuerlichen Schulden und sein Schulden gegenüber der Gesellschaft vollständig beglichen, sofern solche Ausnahmeregelungen nach nationalem Recht ausreichend gerechtfertigt sind.
3. Art. 23 Abs. 2 RL 2019/1023 ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, wonach der Zugang zur Entschuldung im Einzelfall ausgeschlossen ist, ohne dass dieser Ausschluss vom nationalen Gesetzgeber ausreichend gerechtfertigt wurde.
4. Art. 23 Abs. 4 RL 2019/1023 ist dahin auszulegen, dass die darin enthaltene Liste bestimmter Schuldenkategorien nicht abschließend ist und die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, andere als die in dieser Bestimmung aufgezählten Schuldenkategorien von der Entschuldung auszuschließen, sofern ein solcher Ausschluss nach nationalem Recht ausreichend gerechtfertigt ist.
5. Art. 23 Abs. 4 RL 2019/1023 ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Umsetzungsregelung nicht entgegensteht, wonach die Entschuldung bei öffentlich-rechtlichen Forderungen außer unter sehr eingeschränkten Umständen und in sehr begrenzter Höhe unabhängig von ihrer Art und den Umständen ihrer Entstehung generell mit der Begründung ausgeschlossen ist, dass die Erfüllung dieser Forderungen für eine gerechte, solidarische und auf dem Rechtsstaat beruhende Gesellschaft von besonderer Bedeutung ist, und die infolgedessen die Tragweite der vor dem Erlass dieser Regelung auf diese Schuldenkategorie anwendbaren nationalen Bestimmungen über die Entschuldung einschränkt, sofern dieser Ausschluss nach nationalem Recht ausreichend gerechtfertigt ist.
6. Art. 23 Abs. 4 RL 2019/1023 ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung, die eine allgemeine Regel aufstellt, wonach öffentlich-rechtliche Forderungen von der Entschul-ZRI 2024, 1048dung ausgeschlossen sind, nicht deshalb entgegensteht, weil sie öffentlichen Gläubigern gegenüber anderen Gläubigern eine bevorzugte Behandlung gewährt, sofern ein solcher Ausschluss nach nationalem Recht ausreichend gerechtfertigt ist.
7. Art. 23 Abs. 4 RL 2019/1023 ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, wonach die Entschuldung für eine bestimmte Schuldenkategorie durch die Einführung einer Obergrenze eingeschränkt wird, oberhalb der die Entschuldung ausgeschlossen ist, ohne dass diese Obergrenze nach Maßgabe der Höhe der betreffenden Schuld festgelegt wird, sofern diese Einschränkung nach nationalem Recht ausreichend gerechtfertigt ist.
8. Die RL 2019/1023 ist dahin auszulegen, dass, wenn ein nationaler Gesetzgeber sich dafür entscheidet, von der Befugnis nach Art. 1 Abs. 4 der Richtlinie Gebrauch zu machen, und insolvente natürliche Personen, die keine Unternehmer sind, in die Anwendung der Verfahren, die zur Entschuldung insolventer Unternehmer führen, einbezieht, die Regelungen, die aufgrund dieser Einbeziehung auf natürliche Personen anwendbar werden, mit den Bestimmungen von Titel III der Richtlinie vereinbar sein müssen.

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