Das deutsche Gesellschafterdarlehensrecht erhitzt gerne die Gemüter. Aus rechtsdogmatischer Sicht hat man den Eindruck, dass seine lange Verankerung im deutschen Gesellschafts- und Insolvenzrecht als Rechtfertigung dafür gesehen wird, dass Gläubigerinteressen in jedwedem Szenario gegenüber einem Gesellschafter zu schützen sind. Dies ist dem Grunde nach auch nicht in Abrede zu stellen, insbesondere für solche Konstellationen, bei denen ein Gesellschafter entgegen den Gepflogenheiten marktüblicher Praxis und professioneller Sorgfalt eine Risikoerhöhung zu Lasten von Gläubigerinteressen provoziert bzw. billigend in Kauf nimmt.
Was aber ist mit all jenen Konstellationen, in denen Gläubiger darauf vertrauen, dass ein Gesellschafter, auch wenn er aktuell „aus dem Geld ist“, sich mit neuen Finanzierungsmitteln in einer Sanierung engagiert? Konstellationen, in denen Überbrückungsmaßnahmen in der Krise erforderlich sind, um überhaupt die Chance einer Sanierung zu wahren und damit gleichermaßen den Interessen der beteiligten Gläubiger dienen?
Es sind diese diametralen Blickwinkel, die es rechtlich zu vereinen gilt und die im Folgenden näher beleuchtet werden. Schließlich ist auch mit den Konstellationen umzugehen, bei denen sich der Gesellschafterkreis aus international agierenden Investoren zusammensetzt, deren Finanzierungsentscheidungen im Zweifel außerhalb Deutschlands getroffen werden. In diesem Kontext wird zunächst auf die aktuellen Vorlagefragen des Bundesgerichtshofs an den Europäischen Gerichtshof zur Wirkkraft des deutschen Gesellschafterdarlehensrechts eingegangen., Vorwegzunehmen sei dabei aber: Es geht nicht nur darum, was der EuGH für uns tun kann, sondern was wir für das Gesellschafterdarlehensrecht tun können, um es zu einem effizienten Bestandteil der deutschen Sanierungslandschaft werden zu lassen.