ZRI 2025, 644
Leitsätze der Redaktion:
1. Die einem Rechtsanwalt erteilte Prozessvollmacht sowie die von ihm namens der Partei vorgenommenen Rechtshandlungen sind unabhängig vom Zustandekommen oder von der Wirksamkeit des Anwaltsvertrages wirksam.
2. Die Umstellung von der als Sachwalter über das Vermögen der Schuldnerin erhobenen und auf eine Ermächtigung gem. § 280 InsO analog gestützten Klage, mit der der vormalige Sachwalter einen eigenen Anspruch aus ihm von der Schuldnerin unter der aufschiebenden Bedingung der Aufhebung des Insolvenzverfahrens abgetretenen Recht geltend macht, stellt sich als Parteiwechsel auf Klägerseite dar.
3. a) Fehlt die Einwilligung des Beklagten zur Klageänderung, so bedarf es für deren Zulässigkeit im Berufungsrechtszug einer Sachdienlichkeit nach § 533 Nr. 1 ZPO.
3. b) Die Beurteilung der Sachdienlichkeit erfordert eine Berücksichtigung, Bewertung und Abwägung der beiderseitigen Interessen. Für die Frage der Sachdienlichkeit kommt es allein auf die objektive Beurteilung an, ob und inwieweit die Zulassung der Klageänderung den sachlichen Streitstoff im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits ausräumt und einem andernfalls zu gewärtigenden weiteren Rechtsstreit vorbeugt. Maßgebend ist der Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit.
4. Das Erlöschen des Sachwalteramtes mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens hat unmittelbar (nur) zur Folge, dass der durch die Befugnisse des Amtswalters bis dahin beschränkte Inhaber des materiellen Rechts auch das Prozessführungsrecht erlangt.
5. Die Zustimmung der Gesellschafterversammlung (§ 46 Nr. 8 GmbHG) ist nicht nur entbehrlich, wenn über das Vermögen der Gesellschaft ein Insolvenzverfahren eröffnet ist. Sie ist es auch in Fällen ((bloßer) Liquidation der Gesellschaft, die ihren Geschäftsbetrieb endgültig eingestellt hat, sofern die Liquidation eine sog. masselose ist, mithin insolvenzfrei erfolgen kann (und muss). da eine kostendeckende Masse fehlt.
6. Die Notwendigkeit einer Entschließung der Gesellschaft darüber, ob der (vormalige) Geschäftsführer wegen Pflichtverletzungen auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden soll, besteht nicht, wenn über das Vermögen der Gesellschaft bereits das Insolvenzverfahren eröffnet und Eigenverwaltung angeordnet worden ist.
7. Eine Haftung des Geschäftsführers (§ 43 Abs. 2 GmbHG) scheidet nicht wegen eines Einverständnisses der Gesellschafterin mit dessen Handeln als Geschäftsführer aus.
8. Die GmbH muss – neben dem Eintritt und der Höhe des Schadens – darlegen und ggf. beweisen, dass dem Schaden ein möglicherweise pflichtwidriges Verhalten des Geschäftsführers in seinem Pflichtenkreis zugrunde liegt. Der in Anspruch Genommene muss darlegen und ggf. beweisen, dass sein Verhalten nicht pflichtwidrig war, er seinen Sorgfaltspflichten (§ 43 Abs. 1 GmbHG) genügt hat, ihn kein Verschulden trifft oder der Schaden auch bei pflichtgemäßem Verhalten eingetreten wäre.
9. Im Rahmen des § 43 Abs. 2 GmbHG ist der Geschäftsführung, sofern es um unternehmerische Entscheidungen geht, außerhalb zwingender Verhaltensvorgaben ein weiter Beurteilungsspielraum zuzubilligen, der für jede unternehmerische Tätigkeit unabdingbar ist (sog. Business Judgement Rule). Da unternehmerische Geschäfte unvermeidbar risikobehaftet sind, ist es ZRI 2025, 645dem Geschäftsführer nicht schlechthin verwehrt, Risiken einzugehen.
10. Das rechtliche Interesse des Klägers an einer alsbaldigen Feststellung des Rechtsgrundes (§ 256 Abs. 1 ZPO) folgt aus dem Bedürfnis, frühzeitig und nicht erst im Rahmen einer Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) zu klären, ob die Forderung gegen den Beklagten nach § 302 Nr. 1 InsO von einer Restschuldbefreiung ausgenommen bleibt.
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