ZRI 2022, 567

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln 2699-0490 Zeitschrift für Restrukturierung und Insolvenz ZRI 2022 Literatur

Graf-Schlicker, Marie Luise (Hrsg.), InsO, Kommentar.

6. Aufl., 2022, RWS Verlag, 2.993 S., 229 €, ISBN 978-3-8145-4002-3
Die fünfte Auflage dieses mittlerweile zum Standardkommentar der insolvenzrechtlichen Praxis avancierten Werkes war erst im Jahre 2020 erschienen und nun liegt bereits die sechste Auflage auf dem Tisch. Zu rasch? Mitnichten! In Anbetracht der durch die gesetzlichen Reformen im Jahre 2021 bei der Verkürzung der Restschuldbefreiungsdauer, dem Privatinsolvenzverfahren und der innerhalb des „SanInsFoG“ erfolgten Reformen der Eigenverwaltung und der InsVV durchgeführten, teilweise tiefgreifenden Veränderungen der Gesetzeslage ist dies vielmehr durchaus berechtigt. Auch die neuen COVID-19-Regelungen sind berücksichtigt. Das Werk hat denn auch um 462 Seiten „zugelegt“ (aber auch 40 € im Preis). Der „Graf-Schlicker“ ist damit einer der wenigen, wahrscheinlich der letzte, der insolvenzrechtlichen Handkommentare, die eine Kommentierung der InsO, der EuInsVO und der InsVV in einem Band bieten; er weist damit einen „Full-Service“ für die/den insolvenzrechtlich Ratsuchende(n) auf.
Die Herausgeberin bearbeitet umfangreiche Kommentarteile selbst, insbesondere die äußerst praxisrelevanten Normen der gerichtlichen Konzernzuständigkeit, des vorläufigen Gläubigerausschusses, der Verwalterauswahl, der Forderungsanmeldung, der Eigenverwaltung und des europäischen Insolvenzregisters. Dabei kommen ihr ihre jahrzehntelangen Erfahrungen als „die“ insolvenzgesetzlich (entwerfende) Konstante im Bundesministerium der Justiz nicht nur zustatten, sie prägen die ausgewogene und mit besonderem Verständnis für die gesetzgeberischen Intentionen „gewürzten“ Kommentierungen in besonderem Maße. Und diese sind auf aktuellstem Stand, berücksichtigen z. B. die Ergebnisse der „ESUG-Evaluation“ oder im Bereich der Verwalterauswahl die (anhaltende) Diskussion um eine Berufszulassung, Bundes(vorauswahl)liste und berufsspezifische Pflichtenregelungen, sowie im Bereich der Eigenverwaltung die nunmehrigen neuen Regelungen zu deren Verbesserung im Sinne der Sicherstellung von nachhaltiger Sanierung und rechtzeitigem Ausschluss unsinniger Eigenverwaltungsversuche. Die jeweils zu den aktuellen Fragen erschienene Aufsatzliteratur ist, insbesondere wo noch Rechtsprechung fehlt, berücksichtigt. Der Zitatenstand des Werkes steht weitgehend beim Sommer 2021 und ist damit für ein Druckwerk hochaktuell, wohingegen die an den Anfang so mancher Kommentierung gestellte „Literaturliste“ mit der Fußnotenaktualität meist nicht Schritt gehalten hat und schlichtweg entfallen könnte.
Beim Bearbeiterteam hat RA Handschuhmacher die Insolvenzplankommentierung von Kebekus übernommen, dieser aber noch keine neuen Akzente hinzugefügt, wohingegen RiAG F. Pollmächer (AG Düsseldorf) im Bereich der Verbraucherinsolvenz die vorherige Kommentierung von Sabel bereits mit ersten praxisrelevanten neuen Zusätzen versehen hat, z. B. zur Frage der Antragstellung durch den betreuten Schuldner (§ 305 Rz. 51 ff.). Damit geht das Werk weiter in Richtung Berücksichtigung der insolvenzgerichtlichen Praxis. Dies trifft auch für die InsVV-Kommentierung zu, die nunmehr statt Dipl.-Rechtspflegerin Steh die aus dem insolvenzrechtlichen Fortbildungsbereich bestens bekannte S. Wipperfürth verantwortet, die hier gleich bei den neuen wie auch den „reformierten“ Normen der InsVV grundlegend tätig werden konnte und erste Klarstellungen, z. B. zum „verunglückten“ § 4 Abs. 2 Satz 2 InsVV (Pauschalierung der Zustellungskosten) eingearbeitet hat. Die gesamte EuInsVO-Kommentierung liegt, bis auf die von der Herausgeberin bearbeiteten Normen, in den Händen von A. Bornemann (BMJV), was ein weiteres Merkmal von „gesetzgeberischer Nähe“ ausmacht und die Kommentierung zeigt immer einmal wieder aufblitzend das tiefe (Vor-)Verständnis des Bearbeiters vom Entstehungsprozess der reformierten EuInsVO und scheut auch (zu Recht) deutliche Schwerpunktsetzungen zulasten „unwichtiger“ Normen nicht (z. B. Art. 58, 59 EuInsVO).
Damit bleibt das Werk seiner „Linie“ treu, Probleme kurz, zielführend und bündig anzusprechen und mit Verweis auf (wo möglich) höchstrichterliche Rechtsprechung eine abgesicherte Antwort für den Nutzerkreis zu bieten ohne die gerichtliche Praxis außer Acht zu lassen (wenn auch zuweilen die Bearbeitung gerichtsrelevanter Normen, wie z. B. § 58 InsO mit knapp vier Seiten, § 59 InsO mit zwei Seiten(!) und § 66 InsO mit vier Seiten schlicht doch etwas zu ZRI 2022, 568knapp ausgefallen sind, um dem Anspruch gerecht werden zu können, mit dem Werk entsprechende Probleme aus diesen Themenkreisen allein lösen zu können).
Doch dies sind in Anbetracht der fulminanten Leistung eines Full-Service- und „Stand-alone-Vollkommentars“ im insolvenzrechtlichen Bereich lässliche kleine Mängel, die eher aus gerichtsseitiger Sicht vorgebracht werden. Im Preis-Leisungs-Verhältnis kann das Werk im Vergleich mit anderen „reinen“ InsO-Kommentaren, daher „locker“ mithalten, im Niveau ist es meist deutlich tiefergehender. Es bleibt damit Mittel der Wahl zur Lösung insolvenzbezogener Probleme auch für Schuldnerberater, Steuerberater, Unternehmensberater und nicht zuletzt Insolvenzsachbearbeiter.
Richter am AG (Insolvenzgericht) Frank Frind, Hamburg

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