ZRI 2025, 547

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln 2699-0490 Zeitschrift für Restrukturierung und Insolvenz ZRI 2025 Literatur

Schmittmann, Jens M. (Hrsg.), Fachberater für Restrukturierung und Unternehmensplanung (DStV e. V.), 2025

738 S., 249 €, ISBN 978-3-503-23727-2
 
An Handbüchern zum Restrukturierungsrecht mangelt es im deutschen Schrifttum – insbesondere seit dem Inkrafttreten des StaRUG – nicht. Gleichwohl kann sich das von Professor Schmittmann herausgegebene Fachberaterhandbuch ausreichend von den bislang vorliegenden Werken abgrenzen. Es unterscheidet sich von anderen Werken vor allem durch seinen schon im Werktitel bzw. der Schriftenreihe im Allgemeinen angelegten Zuschnitt auf das Fachberaterkonzept des DStV e. V., hier speziell auf Fachberater für Restrukturierung und Unternehmensplanung. Dementsprechend legt es konsequenterweise einen besonderen Fokus auf steuerrechtliche Aspekte und berücksichtigt neben rechtlichen auch betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte der Restrukturierung und Unternehmensplanung. Das neunköpfige Autorenteam ist entsprechend interdisziplinär aufgestellt (was allerdings durch ein Autorenverzeichnis im Werk selbst noch verdeutlicht werden könnte).
Die Zielsetzung des Werks bringt der Präsident des DStV e. V. im Geleitwort auf den Punkt, nämlich die maßgeschneiderte Unterstützung in allen Praxisfragen im Rahmen der Spezialisierung der Fachberater. Wer mit dem Fachberaterkonzept des DStV e. V. noch weniger vertraut ist, kann hier mit der Lektüre der Kapitel 1 und 2 Abhilfe schaffen, in denen Michel insbesondere die Anforderungen an Fachberater und die berufsrechtlichen Rahmenbedingungen der Fachberater darstellt. Die hier in den ersten Kapiteln dargestellten Tätigkeitsfelder und Einsatzgebiete der Fachberater für Restrukturierung und Unternehmensplanung, zu denen insbesondere eine Tätigkeit als Sanierungsmoderator, Restrukturierungsbeauftragter, Insolvenzverwalter oder Sachwalter zählt, geben gleichzeitig den Schwerpunkt der folgenden Kapitel vor. Das Werk konzentriert sich auf die rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Grundlagen, die insbesondere in diesen Tätigkeitsfeldern erforderlich sind. Eingehend dargestellt werden somit die Sanierungsmoderation i. S. d. §§ 94 ff. StaRUG in Kapitel 5, die Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen i. S. d. §§ 2 ff. StaRUG in Kapitel 6 und das Insolvenz(plan)verfahren in den Kapiteln 7 und 13. Abgerundet wird das Handbuch durch ver-ZRI 2025, 548schiedene Schwerpunktkapitel, etwa zur Haftung der Geschäftsleiter sowie zu strafrechtlichen Risiken in Krise, Restrukturierung und Insolvenz (Kapitel 8 und 9), die Kapitel mit betriebswirtschaftlichem Schwerpunkt (Kapitel 4, 11 und 12) sowie zu guter Letzt das mit über 130 Seiten umfangreichste Kapitel zum Steuerrecht in Sanierung, Restrukturierung und Insolvenz (Kapitel 14).
Exemplarisch sollen drei Kapitel näher in den Blick genommen werden:
a) Brackmann und Holze haben in Kapitel 6 die Aufgabe übernommen, die Grundzüge des StaRUG darzustellen. Den Autorinnen gelingt es dabei, ein Thema, das wohl allein ein ganzes Handbuch füllen könnte, mit einer gelungenen Mischung aus Überblick und Detailtiefe zu bearbeiten. Abgesehen vom Restrukturierungsbeauftragten, auf den Michel bereits in Kapitel 2 eingeht, decken die Autorinnen alle wesentlichen Aspekte der Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen nach dem StaRUG ab. Entsprechend der Gesetzessystematik wird zunächst der Restrukturierungsplan als Herzstück des StaRUG dargestellt und dabei immer wieder die aktuelle Anwendungspraxis berücksichtigt. So wird der weite Gestaltungsspielraum etwa betreffend zulässige Planinhalte und die Gruppenbildung nachgezeichnet und dabei auch komplexen Strukturen Beachtung geschenkt (unter anderem Parallel-Debt-Strukturen und Sicherheitenpools, siehe dazu Rz. 48 ff.). Bei den weitreichenden Gestaltungsmöglichkeiten verlieren die Autorinnen nicht den Blick für jene Fälle, die die Praxis besonders beschäftigen. Sie gehen etwa gesondert auf den zentralen Anwendungsfall der Auflösung von Gesellschafterstreitigkeiten und die Restrukturierung von Anleihen ein (Rz. 57 ff.). Auch die wohl umstrittenste Frage zum StaRUG, nämlich die Frage nach einem gesellschaftsrechtlichen Billigungserfordernis vor der Anzeige nach § 31 StaRUG, wird gebührend berücksichtigt, vor allem vor dem Hintergrund der im vergangenen Jahr ergangenen ersten Entscheidung eines Obergerichts zu dieser Frage (OLG Stuttgart ZRI 2024, 802; siehe dazu Rz. 21 ff.). Die Autorinnen sehen zwar von einer eigenen Positionierung zu dieser Frage ab, geben aber den – in Anbetracht der genannten Zielsetzung des Handbuchs – nachvollziehbaren Rat, insbesondere bei Schuldnern in der Rechtsform der GmbH oder GmbH & Co. KG zur Vermeidung von Haftungsrisiken einen zustimmenden Gesellschafterbeschluss einzuholen, jedenfalls wenn der Restrukturierungsplan signifikante Eingriffe in die Rechte der Gesellschafter vorsieht (Rz. 30). Bezogen auf die in den Restrukturierungsplan aufzunehmende Vergleichsrechnung und den damit im Zusammenhang stehenden Minderheitenschutz stellen die Autorinnen zutreffend die rechtlichen Anforderungen dar und gehen dabei insbesondere auf die grundsätzliche Maßgeblichkeit eines Fortführungsszenarios als Vergleichsszenario ein (Rz. 64 ff.). Wie zuvor bei der Frage nach einem gesellschaftsrechtlichen Billigungserfordernis hätte allerdings auch hier ein Hinweis auf die bisherige Praxis gutgetan. Jedenfalls in den bisher bekannt gewordenen Fällen wurde nämlich oftmals – entgegen der grundsätzlichen Konzeption des StaRUG – ein Regelinsolvenzverfahren als Vergleichsszenario herangezogen. Auch betreffend die Verteidigungsmöglichkeiten der Gläubiger (Rz. 76 ff., besser wäre hier und auch an anderen Stellen des Kapitels der Begriff der Planbetroffenen) hätte die bisherige Rechtsprechung der Restrukturierungs- und Beschwerdegerichte stärker berücksichtigt werden können. Auch ohne ausdrücklich auf die Rechtsprechung einzugehen, schätzen die Autorinnen die Verteidigungsmöglichkeiten im Ergebnis aber richtigerweise als wenig effektiv ein (sowohl praktisch als auch inhaltlich „herausfordernd“, „schwierig“; siehe Rz. 78 f.). Man wird allerdings auch sagen können, dass diese Aspekte für die Ausrichtung des Handbuchs jedenfalls keine allzu zentrale Rolle spielen, geht es hier doch vor allem um die Beratung des sich restrukturierenden Schuldners und nicht um die Beratung der Planbetroffenen.
b) Kapitel 8 zur Haftung der Geschäftsleiter in Krise, Restrukturierung und Insolvenz ist eines der insgesamt sechs Kapitel, derer sich der Herausgeber selbst angenommen hat. Der Ausrichtung des Handbuchs entsprechend widmet Schmittmann das umfangreichste Unterkapitel der steuerrechtlichen Haftung (vgl. §§ 34, 69 AO), lässt aber auch andere Haftungsvorschriften nicht außer Acht und gibt einen umfassenden Überblick über gesellschaftsrechtliche, insolvenz- und restrukturierungsrechtliche sowie sonstige einschlägige Haftungstatbestände. Für die Praxis hilfreich sind auch hier die zahlreichen aus der Rechtsprechung abgeleiteten Beispiele für Verletzungen der gesellschaftsrechtlichen Sorgfaltspflichten (Rz. 22 ff.). Insbesondere dadurch gelingt auch in solchen Kapiteln, die naturgemäß im Ausgangspunkt eher theoretischer Natur sind, der Spagat zwischen einer Darstellung der rechtlichen Grundlagen und dem für ein solches Handbuch erforderlichen Praxisbezug.
c) Das wie bereits erwähnt umfangreichste Kapitel des Handbuchs – Kapitel 14 zum Steuerrecht in Sanierung, Restrukturierung und Insolvenz – steuert Busch bei. Positiv fallen auch hier vor allem die unzähligen (Rechen-)Beispiele auf, die sich durch das gesamte Kapitel ziehen und die Ausführungen veranschaulichen (siehe statt vieler nur Rz. 278 ff. zur Umsatzsteuer- und Vorsteuerberichtigung, Rz. 356 zur Verwertung von Sicherungsgut sowie Rz. 397 zur Umsatzsteuervoranmeldung im Kontext einer Organschaft). Entsprechend der in Kapitel 2 dargestellten Einsatzgebiete der Fachberater wird außerdem immer wieder ein Fokus auf die Stellung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters bzw. Sachwalters gelegt (siehe zum Insolvenzeröffnungsverfahren etwa Rz. 33 ff.). Obgleich das Kapitel mit alldem schon äußerst umfangreich ist, hätte sich an verschiedenen Stellen neben dem Insolvenzverfahren noch ein Blick auf die in Kapitel 6 dargestellten Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen lohnen können, bei denen sich – etwa im Kontext der umsatzsteuerlichen Organschaft – Abweichungen im Vergleich zum Insolvenzverfahren ergeben.
Neben diesen positiv hervorzuhebenden inhaltlichen Aspekten kann Verbesserungspotential vor allem in formaler Hinsicht ausgemacht werden. So verfügt das Handbuch zwar über ein Gesamtinhaltsverzeichnis, welches pro Kapitel die ersten beiden Gliederungsebenen abbildet. Hilfreich wären über dieses Verzeichnis hinaus aber auch einzelne Inhaltsverzeichnisse vor den konkreten Kapiteln, die sämtliche bzw. zumindest mehrere Gliederungsebenen einbeziehen. Das Fehlen solcher Inhaltsverzeichnisse macht das Nachschlagen bestimmter Punkte, vor allem in sehr umfangreichen Kapiteln, mühsamer. Abgemildert werden kann dies aber immerhin durch das umfangreiche, über 30 Seiten fassende Stichwortverzeichnis.
Insgesamt kann man sowohl dem Herausgeber als auch den Autorinnen und Autoren zu einem Handbuch gratulieren, das den selbst gesetzten Anspruch, eine maßgeschneiderte Unterstützung der Fachberater zu bieten, bestens erfüllt. In einem Themengebiet, in dem es nicht an Literatur mangelt, nimmt das Handbuch mit seinem Fokus auf das Fachberaterkonzept des DStV e. V. eine Ausrichtung ein, die es von anderen Werken unterscheidet und ein Alleinstellungsmerkmal bietet. Den Autorinnen und Autoren gelingt es, vor allem durch zahlreiche Beispiele immer wieder einen Praxisbezug herzustellen und damit ein Handbuch vorzulegen, das Fachberatern für Restrukturierung und Unternehmensplanung, aber auch anderen mit der Schnittstelle zwischen Restrukturierungs- bzw. Insolvenzrecht und Steuerrecht befassten Personen hilfreiche Unterstützung an die Hand gibt.
Jeremias Kümpel, LL.B., M.Sc., Hochschule Fulda

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