ZRI 2023, 472

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln 2699-0490 Zeitschrift für Restrukturierung und Insolvenz ZRI 2023 Literatur

Beck, Siegfried/Depré, Peter/Ampferl, Hubert (Hrsg.), Praxis der Sanierung und Insolvenz,

Handbuch, 4. Aufl., 2023, Verlag Franz Vahlen, 2.073 S., 219 €, ISBN 978-3-8006-6673-7
Das nunmehr seit der letzten Auflage 2016 zum vierten Male erscheinende Handbuch hat einen neuen Mitherausgeber (Ampferl) und eine vollständige Überarbeitung erhalten und um 200 Seiten „zugelegt“. Mit Ausnahme des COVInsAG sind alle jüngeren gesetzlichen Insolvenz- und Sanierungsrechtsreformen mit Stand Ende 2022 berücksichtigt. Das aus 35 Autoren und Autorinnen bestehende Team hat, weitgehend, wie die große Schar der Autoren und Autorinnen schon andeutet, recht kleinteilig alle thematischen Aspekte des Insolvenz- und Sanierungsrechts in 53 Kapiteln behandelt. Die Gliederung folgt im Prinzip dem Gang des Insolvenzverfahrens, stellt aber mit einem 100-seitigen Überblick zur Unternehmenssanierung (Girotto) die neuen Möglichkeiten des StaRUG voran. Das ist klug gelöst, können doch so die nachfolgenden insolvenzrechtlichen Ausführungen, wo es passt, auf ähnliche „StaRUG-Regelungen“ Bezug nehmen und das Insolvenzgeschehen wird zugleich sanierungsbezogen eingeordnet.
Im Folgenden werden die insolvenzrechtlichen Verfahrensstadien zunächst dargestellt, um dann dem eigentlichen Werks-„Asset“, den Sonderproblemen, Raum zu geben. Der Handbuchcharakter wird durch viele Übersichten (z. B. zu den verschiedenen gerichtsinternen Zuständigkeiten von Richtern und Richterinnen sowie Rechtspflegern und Rechtspflegerinnen, Kap. 8 Rz. 39) und Ablaufschemata (z. B. eine Insolvenztabelle bei Kap. 11, Anl. 1) unterstützt. Dunkelgrau unterlegte Praxishinweise durchlaufen als „rote Fäden“ praxisgerecht viele Kapitel und vermitteln Fachwissen mit Rechtswissen unterlegt (die Rubrik „Praxishinweis“ wäre aber noch ausbaufähig, z. B. im Insolvenzplan- und Eigenverwaltungsteil). Wo nötig und sinnvoll, werden Musterformulierungen, z. B. zum Regelinsolvenzeigenantrag (Kap. 4 Rz. 98), direkt im Textverlauf eingespielt. Auch Hinweise zur eigenen Praxis der jeweiligen Verfasser, z. B. zu gerichtlichen Wiedervorlagefristen bei Heilmaier (Kap. 4 Rz. 130) oder der die Abhilfebefugnis berücksichtigenden richtigen Rechtsmitteleinreichung bei Holzer (Kap. 53 Rz. 20), fehlen nicht und vermitteln einen Blick „hinter die Kulissen“.
Wer also bisher glaubte, das „Handbuch-Format“ sei „tot“, wird eines Besseren belehrt: „Handbuch“ kann praxisgerecht und rechtsprechungsintensiv dargestellt sein. Die Fußnotenzitierung ist daher – zu Recht – rechtsprechungsorientiert, wenn auch Blicke in die Kommentarliteratur durchaus nicht fehlen. Die Aufsatzliteratur ist indes nicht immer auf aktuellem Stand ausgewertet, so mutet es etwas merkwürdig an, wenn zum Thema „Verwertung im Eröffnungsverfahren“ (also entgegen § 159 InsO) Verweise auf Aufsätze aus den Jahren 1999 und 2000 die einzigen sind (Kap. 5 Rz. 94). Bei einigen spezielleren Themen, z. B. der Bildung des vorläufigen Gläubigerausschusses im Eröffnungsverfahren, hätte man sich durchaus auch mehr Verweise zu weiterführender Literatur und Spezialfragen, z. B. Zulässigkeit der späteren personellen erweiternden Ergänzung des Ausschusses, gewünscht.
Dies sind indes lässliche Kleinigkeiten. Der Schwerpunkt des Werks liegt bei den gerade aus Gläubigersicht profund dargelegten Verfahrensteilnahmemöglichkeiten zum Beispiel zum Thema „Insolvenzforderungen“, „Aussonderung“ und „Absonderung“ mit vielen Praxisbeispielen (Metoja) oder den Betriebsfortführungsmaßnahmen (Pechartchek); dies bereichert durch sehr ausführliche Darstellungen zum Insolvenzvertragsrecht (Metoja), einem „Dunkelgebiet“, in welchem sich der „normale“ Anwalt allzu oft verstrickt, wenn nicht gar verliert. Bankenverhalten, Arbeitsrecht, betriebliche Altersversorgung und Insolvenzgeld(-vorfinanzierung), Steuern und öffentlich-rechtliche Verantwortung der Insolvenzverwalter und Insolvenzverwalterinnen, keines der notwendigen insolvenzrechtlichen Unterthemen wird hier ausgespart. Während das Sonderthema des „Freiberuflers in der Insolvenz“ eher kurz behandelt wird, ist das Kapitel zum Insolvenzplanverfahren (Exner/Wittmann/Ballmann/Liebthal) schon ein kleines Lehrbuch zu dessen Spezialproblemen; das gesetzlich völlig reformierte Eigenverwaltungsverfahren wird – zu Recht – nur auf Basis der dazu schon veröffentlichten ganz neuen Literatur (und des IDW S 9) abgehandelt. Abgerundet wird das Werk durch Teile zu Nachlassinsolvenz, Haftungs- und Vergütungsproblemen (kursorisch hierzu Graeber).
Fazit: „Full-Service“ in einem Band mit reichhaltig Praxiserfahrung. Das Handbuch-Konzept lebt.
RiAG Frank Frind, AG Hamburg, Insolvenz- und Restrukturierungsrichter

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